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Interview mit Tim Eckhorst

timeckhorstHallo Tim. Du hast gerade ein neues Buch veröffentlicht, dass sich mit dem Lebenswerk von Rudolph Dirks, den Katzenjammer Kids, auseinandersetzt. Warum hast Du gerade dieses Thema gewählt? Was reizt Dich daran?

Das Thema geistert schon sehr lange durch meinen Kopf. Allerdings muss ich gestehen, dass die Faszination für mich nicht in erster Linie die allgemeine Begeisterung für die Kindertage des Comics ausmacht, sondern in diesem Falle vielmehr die Tatsache, dass Dirks in der gleichen Stadt – nämlich Heide in Norddeutschland – geboren wurde wie ich. Allerdings 108 Jahre früher. Als ich da das erste Mal von gehört habe – ich muss da so um die 14 Jahre alt gewesen sein – fand ich das sehr spannend, weil ich zu der Zeit schon eine ganze Weile dabei war eifrig Comics und Cartoons zu zeichnen. Sonderlich viel habe ich mich in den Jahren danach allerdings nicht mit Dirks beschäftigt, zumal einem eigentlich kaum bis gar kein Material von ihm über den Weg läuft. Erst viele Jahre später als es darum ging ein Thema für meine Bachelor-Thesis zu finden, erinnerte ich mich mal wieder an diese Sache und beschloss mich näher damit zu befassen. Insofern besteht der Reiz an dieser Thematik für mich in einer Mischung aus Heimatkunde und Comicliebhaberei.

Erzähl mal bitte etwas zum Aufbau des Buches? Wie bist du an die Sache rangegangen? Wo musstest Du vielleicht aus Mangel an Informationen abbrechen? Wo hast Du den Schwerpunkt bei der Zusammenstellung gelegt?

Ich habe zunächst grundsätzlich erstmal jede Information, die irgendwie im Zusammenhang mit Dirks stand gesammelt. Bei der Lektüre der gängigen Sekundärliteratur, die sowohl aus Deutschland als auch den Vereinigten Staaten stammte, stellt sich dann heraus, dass zumeist einer vom anderen abgeschrieben hat und viele Fakten in einigen Publikationen grundlegend falsch waren oder im Widerspruch zu anderen Informationen standen. Im 1906_oder_1907ersten Schritt ging es also darum zu sortieren und herauszufinden, was stimmt und was nicht. Im nächsten Schritt habe ich dann versucht selbst ein wenig zu forschen. Zudem habe ich mich mit der Formensprache von Dirks beschäftigt und dazu eine ganze Menge geschrieben. Das fiel recht leicht und hat Spaß gemacht, weil ich ja in erster Linie selbst Zeichner bin. Das Buch ist dann schlussendlich eine Mischung aus Biografie und theoretischer Analyse geworden, wobei sich die Ereignisse und Analysen recht chronologisch am Leben vom Dirks orientieren.

Ein Merkmal der alten Comicstrips war der unverkennbare deutsche Slang, der in den Texten mit eingeflossen ist. Weißt Du wie die Leser das damals aufgenommen haben? Wird die merkwürdige Aussprache auch heutzutage noch bei den Katzenjammer Kids verwendet?

New York war zu »Kindertagen« des Comic-Strips die Stadt, in der die meisten Zeichner lebten und in den Zeitungen der Stadt erschienen die ersten Arbeiten von Leuten wie Richard Felton Outcault und eben Rudolph Dirks. New York war zur gleichen Zeit auch die Stadt, in der täglich hunderte von Einwanderern ankamen. Nicht wenige davon waren Deutsche. Insofern stellte das deutsche Kauderwelsch im Strip für diese Einwanderer eine Erleichterung bei der Lektüre dar, denn nicht sonderlich viele konnten besonders gutes Englisch.
Das rudimentäre Englisch der Hauptfiguren kommt heute noch in den Strips vor. Die werden aktuell von Hy Eisman gezeichnet. Der bekommt das Ganze allerdings nicht so charmant hin wie Dirks.

Die Katzenjammer Kids waren Ende des 19. Jahrhunderts als direkte Kopie von Wilhelm Buschs Max und Moritz für die amerikanischen Leser angelegt. Weißt Du, ob Busch Informationen über diese Kopie in Übersee hatte und wie er darauf reagiert hat? Gab es einen Schriftwechsel zwischen Dirks und Busch?

1897_1947Dazu habe ich bisher keine Informationen gefunden. Busch soll immer sehr umsichtig gewesen sein, was die Rechte seiner Figuren und Geschichten anging. Insofern hätte er das Ganze sicherlich mit Argwohn betrachtet. Da die Welt Ende des 19. Jahrhunderts allerdings noch nicht so globalisiert war, kann es gut sein, dass Busch das nicht spitz gekriegt hat. Dass es einen Schriftwechsel zwischen Busch und Dirks gab, ist auszuschließen. Unbedingt erwähnenswert ist an dieser Stelle allerdings, dass die gängige Variante lautet, dass Max und Moritz die Vorbilder waren. In einem Interview beruft sich Dirks selbst zwar auf Busch, spricht aber von einer Geschichte, in der es drei Jungen gegeben hat. Er könnte damit eventuell »Julchen« aus der Knopp-Trilogie gemeint haben, in der in einer kurzen Szene drei Jungen auftauchen, die denen seiner Beschreibung ähneln.

Wo erscheinen die Comicstrips momentan überhaupt? Kannst Du etwas über Veränderungen in Bezug auf die Anfangsjahre sagen?

Die Strips erscheinen aktuell in einigen Tageszeitungen weltweit. Ich wüsste nicht, dass irgendeine deutsche Zeitung die Katzenjammer Kids im Programm hat. In Skandinavien sind die Figuren dagegen äußert beliebt und das auch schon seit Beginn des 20. Jahrhunderts. Die aktuelle Version des Strips unterscheidet sich optisch recht stark von den ursprünglichen Strips. Die Kids – Hans und Fritz – sehen deutlich älter aus und eher nett als durchtrieben. Zeichnerisch wirkt das Ganze recht statisch finde ich. Die eigentümliche Sprache ist nach wie vor Teil des Strips, wirkt jedoch irgendwie erlernt und nicht so sehr von Herzen kommend wie bei Dirks. Außerdem sind die Strips natürlich etwas kürzer, weil sie heute keine komplette Zeitungsseite mehr füllen. Zudem werden auch andere Figuren etwas hervorgehoben. Das heißt es gibt auch Strips, in denen die Kids gar nicht vorkommen.

foto_rudolph_dirks_wegDu stammst ebenfalls aus Heide, dem Geburtsort von Dirks. Wie publik ist der Künstler in der Gegenwart? Gibt es Ausstellungen, Veranstaltungen o.ä. in Erinnerung an den Erfinder der Katzenjammer Kids?

Leider ist in Heide bisher noch nicht viel passiert. Eine Straße wurde vor einiger Zeit nach Dirks benannt. Es wäre wünschenswert, wenn sich da noch etwas mehr tut, weil Dirks' Sohn John der Stadt seine gesamte Katzenjammer Kids-Sammlung vermacht hat. Somit stehen der Stadt eine ganze Menge Dinge zur Verfügung, die man ausstellen könnte. Für die Region wäre das sicherlich eine tolle Sache, da Dirks sämtliche Altersgruppen ansprechen kann und sich Comics und Graphic Novels aktuell ohnehin im Aufschwung befinden. Nicht zu verachten ist auch die geografische Nähe zu Skandinavien. Dort sind die Figuren ja, wie erwähnt, seit rund 100 Jahren sehr beliebt.

Hast du nun mit dem Thema Rudolph Dirks abgeschlossen, oder planst Du weitere Veröffentlichungen darüber? Was steht sonst so als nächstes bei Dir an?

Das Thema Dirks wird für mich mit diesem Buch hoffentlich nicht abgeschlossen sein. Ich entdecke immer wieder Dinge, die noch von Interesse sein könnten und auch bezüglich einer Präsentation in seiner Heimatstadt würde ich mich gern engagieren. Außerdem hatte Dirks einen Bruder. Gus bzw. Gustav hieß der. Er war auch Zeichner und hatte so wie sein größerer Bruder Rudolph eine eigene Comic-Reihe. Gus hat sich allerdings mit knapp über 20 Jahren umgebracht. Das wäre aber auf jeden Fall ein interessantes Thema zur Fortführung. Ich hoffe, dass ich irgendwann dazu komme da weiter zu machen. Da ich aber eher Grafiker und Illustrator als Autor bin, beschäftige ich mich nun erstmal mit den Sachen, die so auf meinem Schreibtisch liegen.

Du wirst in den kommenden Tagen auch auf dem Comicsalon in Erlangen zugegen sein. Wo kann man Dich da treffen und hast Du evtl. einige Exemplare deines Buches dabei?

Ich werde das Buch auf jeden Fall am Stand von Pure Fruit im Zelt vor der Messehalle anbieten. Außerdem kann ich mir vorstellen, dass ich es auch am Stand von TheNextArt mal dezent den Besuchern präsentieren darf. Auch am Stand der Muthesius Kunsthochschule könnte man es unter Umständen finden, denn dort habe ich studiert und das Buch besteht ja z.T. aus meiner Abschlussarbeit.

Vielen Dank für die Beantwortung der Fragen.

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Special vom: 04.06.2012
Autor dieses Specials: Christian Recklies
Die weiteren Unterseiten dieses Specials:
Kurzinfo über Rudolph Dirks
Pressemitteilung
Leseprobe: Kapitel 1: Auf den Spuren von Rudolph Dirks
Leseprobe: Kapitel 4: Recht und Ordnung
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