Optionen und weiterführende Links



In der Datenbank befinden sich derzeit 477 Specials. Alle Specials anzeigen...

Nachschlag: Rückblick auf den April von Henning Kockerbeck
Im Rückblick auf den April kann ich zufrieden feststellen: Für Kakinouchi hungern lohnt sich im Zweifel immer. Der Beginn der neuen Serie um die VAMPIREPRINCESS1Vampire Princess überzeugt auf der ganzen Linie. Die Zeichnungen sind so elegant wie von Narumi Kakinouchi gewöhnt, und diesmal kann auch die Geschichte mithalten. Dabei drängt sich der Manga seinem Leser nicht auf, ins Auge springende Action und von Emotionen verzerrte Gesichter sucht man vergebens. Das hat Vampire Princess allerdings auch nicht nötig, denn wenn man sich auf die Geschichte einlässt, spürt man, welche Intensität unter der Oberfläche strömt. Die Machtverhältnisse werden so dezent deutlich gemacht, dass ein oberflächlicher Leser es schlicht übersehen könnte.

Beispielsweise ist Jirou Kamui nach außen hin der Adoptivvater und Vormund von Yuu. In der Meiji-Zeit (1868 bis 1912), in der die Geschichte spielt, wäre sie ihm damit zu unbedingtem Gehorsam verpflichtet. Aber obwohl es nie offen ausgesprochen wird, wird schnell klar, dass Yuu es ist, die die Befehle gibt. Dasselbe gilt für die Erotik: Das Maximum an Fanservice, das in diesem Band zu finden ist, ist Yuu auf einer Schaukel, wo sich ihre Gestalt unter ihrem Gewand abzeichnet. Panty-Shots und andere Unverblümtheiten hat dieser Manga schlicht nicht nötig. Gleichzeitig aber knistert es nur so vor eindeutiger Erotik, sowohl in heterosexueller Hinsicht als auch – zwischen Yuu und Yui – in homosexueller. Diese Erotik beinhaltet auch Sex, aber spürbar längst nicht nur.

Die Hintergrundgeschichte unterscheidet sich an einigen Stellen von dem, was man aus Vampire Princess Miyu kennt. Es wird, zumindest im ersten Band, nicht eindeutig klar, ob Yuu die Miyu aus der früheren Serie ist, oder ob die neue Serie auch ein neues erzählerisches Universum begründen soll. Zwei auf den ersten Blick kleine Veränderungen erweitern den Spielraum der Geschichte enorm: Yuu jagt zum einen nicht mehr nur Shinma, sondern eine Vielzahl bösartiger nicht-menschlicher Wesen. Zum anderen sind die Opfer der Dämonen und anderen Wesen nicht schlicht zerfleischt und tot, sondern werden selbst zu Wiedergängern, die Yuu aufhalten muss. Diesen zusätzlichen Raum nutzt die Serie auch. Bereits im ersten Band wird deutlich, dass der erzählerische Bogen deutlich größer gezogen wird als beim eher episodenhaften Vampire Princess Miyu. Es wird gleich ein ganzes Ensemble von Charakteren für die weiteren Bände in Stellung gebracht.

Der Erzählfluss ist für einen Manga untypisch langsam, was bei oberflächlicher Lektüre Ungeduld hervorrufen kann. Auch die relativ große Menge an Dialogtext hemmt die Lesegeschwindigkeit. Aber Vampire Princess ist auch kein Comic, den man mal eben schnell oberflächlich durchlesen sollte. Wer sich die Zeit nimmt, wird belohnt – nicht nur durch eine intensive Geschichte, sondern auch durch überaus elegante, leichtfüßige Zeichnungen. Dieses Artwork etwas länger zu betrachten ist ein Genuss. Es ist also klar: Diese Serie bleibt auf meinem Einkaufszettel, und wenn ich dafür gelegentlich aufs Mittagessen verzichten muss.

ravermoon_01Ebenfalls auf meiner Lese/Futter-Liste für den April war der erste Band von Ravermoon. Und auch hier kann ich zufrieden feststellen, meine Erwartungen wurden voll erfüllt. Die waren zwar niedriger als bei Vampire Princess, aber für Ravermoon einen Teil meines Budgets zu investieren, hat sich allemal gelohnt. Der Zeichenstil ist einerseits relativ realistisch, geht aber genügend über das reine Portrait hinaus, um Emotionen gut vermitteln zu können. Auch sonst gibt es so einiges für das Auge. Das gilt zum einen für weibliche Rundungen und männliche Muskeln, zum anderen für den Detailreichtum. Auf nahezu jedem Bild gibt es einfach viel zu gucken. Interessant ist die Kolorierung: Gedeckte Farben dominieren, so dass auch Szenen bei hellem Tag oft einen düsteren, mysteriösen Touch bekommen. Das tut der Atmosphäre merklich gut.

Auch die Geschichte "funktioniert" auf Albenlänge so gut, wie es die Leseprobe hoffen ließ. Zwar erfinden die Künstler sicher nicht das Rad der Fantasy neu, aber, um im Bild zu bleiben, der erste Band von Ravermoon ist ein handwerklich sehr gut hergestelltes Rad. Die Charaktere bleiben nicht auf ihre jeweilige Rolle in der Handlung beschränkt, sondern werden stets wenigstens ein Stück weit ausgebaut. Die Beweggründe für ihr Handeln sind stimmig, und die angedeutete klare Gut-Böse-Verteilung wird schnell wieder hinterfragt. Und auch in diesem Bereich fallen die Details auf. Szenarist Sylvain Cordurié webt ein erfreulich feingesponnenes Netz, das so manche Fäden sinnvoll einbaut, die andere Autoren vielleicht unter den Tisch fallen lassen hätten. Dazu kommt die eine oder andere kreative Idee, die man so auch nicht in jeder Fantasygeschichte findet, wie etwa die Kreaturen am Ende des Bandes. Insgesamt legt Ravermoon mehr Wert auf Intrigen, Politik und den Einsatz des Verstands als auf bloße Hau-Drauf-Action. Das soll aber nicht heißen, dass es nicht auch ordentlich zur Sache ginge. Alles durchaus erfreulich.

Auf die Fundamente, die der erste Band legt, könnte man ohne weiteres mehr als die angekündigten zwei weiteren Bände legen. Die Geschichte würde problemlos für fünf bis sieben Bände reichen, ohne sie zu dünn auswalzen zu müssen oder sich in Nebenschauplätzen zu verlieren. Es bleibt also als so ziemlich einzige Befürchtung, dass die Macher die Geschichte zu schnell zu Ende bringen und ihr Potential nicht ausschöpfen. Für "Ravermoon 1 – Das Versprechen der Flammen" einen Teil des April-Budgets anzulegen, war also vollauf gerechtfertigt. Und die weiteren Bände haben gute Chancen, in den jeweiligen Monaten mit auf die Liste zu kommen.

Zusammengefasst kann man sagen, der April war comictechnisch ein sehr erfolgreicher Monat. Das darf gerne so weitergehen.
«  ZurückIndexWeiter  »


Special vom: 01.06.2012
Autor dieses Specials: Henning Kockerbeck
Die weiteren Unterseiten dieses Specials:
Nachschlag: Rückblick auf den April von Carsten Rittgarn
Rückblick auf den Mai von Carsten Rittgarn
Rückblick auf den Mai von Henning Kockerbeck
Rückblick auf den Mai von Marcus Koppers
Carsten im Erlangen-Kaufrausch
Christian setzt auf regionale Produkte
Zurück zur Hauptseite des Specials


?>