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Feeling History mit Hauptmann Veit: Interview mit Lutz Nosofsky

Geführt von Matthias Hofmann

Hauptmann_VeitEnde 2010 erschien aus heiterem Himmel BlutBruder, der erste Band der Serie Hauptmann Veit. Der vom Kleinverlag ars tempus verlegte Comic sorgte für eine positive Überraschung, denn er kann mit einer actionreichen, spannenden Story punkten, und er vermittelt gleichzeitig deutsche Geschichte in anschaulicher, realistischer Weise. Kreativer Kopf des Ganzen ist Nofi. Nofi? Wer ist denn das? Das fragten sich viele, denen der Name des Zeichners unbekannt war. Matthias Hofmann besuchte für ZACK den Künstler, der in Hamburg lebt und mit bürgerlichen Namen Lutz Nosofsky heißt.

Lutz Nosofsky ist kein klassischer Comiczeichner. Er ist einer von denen, die in ihrer langen Karriere schon sehr viel gezeichnet haben, aber da es sich dabei vornehmlich um Cartoons oder Aufträge für die Werbebranche handelte, wurde er von der Comic-Szene bislang fast nicht wahr genommen. Was keiner weiß: Er hatte bereits in den 1970er Jahren für Gigi Spina und das ZACK aus dem Koralle Verlag kleinere Layout-Arbeiten gemacht. Die Liste seiner bisherigen Auftraggeber ist imposant: Achterbahn, Axel Springer, Bastei, Bauer, Rowohlt oder Pabel Moewig. Seine Cartoons und Comic-Strips erschienen in Magazinen wie Stern, Bild am Sonntag, neue Post, tina oder Fernsehwoche. Auch Unternehmen und Sender wie BMG, Deutsche AVIA, NDR, SAT1, WDR oder ZDF stehen auf seiner Referenzenliste.
Auf der anderen Seite hat er in den 1980er Jahren mit der Serie Zippe & Zack Comics produziert, die deutschlandweit im Zeitschrifthandel vertrieben wurden. Seine neusten Projekte, für die er die Arbeit am zweiten Band von Hauptmann Veit unterbrochen hat, heißen noodles, ein Funny-Strip für Yuno, das neue Jugendmagazin des Stern, und toothfairies. Bei letzteren handelt es sich um einen Funny-Comic, der über Zahnarztpraxen vertrieben werden soll. Ein Besuch bei Nosofsky ist ein besonderes Erlebnis. Mit Comics ist er nicht reich geworden, wie er ganz klar betont. Trotzdem lebt er recht gut in einer allein stehenden Villa mit einem großen Garten am Stadtrand von Hamburg.
Das Interview war für maximal 60 Minuten angesetzt. Daraus wurden schließlich dreieinhalb Stunden bei Kaffee und Kuchen mit anschließender Führung durch Haus und Arbeitsräume. Nosofsky ist ein wahres Füllhorn an Ideen und Anekdoten. Ein normales Interview zu führen war unmöglich, denn immer wieder verstieg man sich in kleine Details und wechselte zwischen den Themen.

Lutz, habe ich richtig gerechnet? Dieses Jahr wirst Du 60 Jahre alt?Lutz_Nosofsky
Stimmt. Ich wurde 1951 in Marbach geboren. Eine schöne alte, mittelalterlich geprägte Stadt am Neckar im Landkreis Ludwigsburg. Dort wurde auch Friedrich Schiller geboren.

Wie war das Anfang der 1950er Jahre?
Mein Vater war im Kaffeehandel tätig, so wie bereits mein Großvater, der im Sudetengebiet eine der größten Im- und Exportfirmen besaß.
Nach dem Krieg ging alles verloren, und man war froh, mit dem Leiterwagen noch in den Westen flüchten zu können. Man traf sich in Marbach mit meinem Vater, der dort gegen Ende des Krieges stationiert war und auch meine Mutter kennen gelernt hatte. Nach dem Krieg wurde wieder ein Handelsunternehmen aufgebaut, vor allem mit Wildfrüchten, aber es gab stets Probleme mit der Anlieferung der Waren.
Sie kamen immer eine Woche zu spät. Schließlich beschloss mein Vater, nach Norden zu ziehen, und wir landeten in Hamburg. Das war 1956, und ich war gerade vier Jahre alt. Hamburg ist eine tolle Stadt, aber ich habe viele gute Erinnerungen an den Süden und Marbach, weil wir im Urlaub immer dorthin gefahren sind. Anfang der 1970er Jahre habe ich in Braunschweig an der Kunsthochschule Industrie-Design studiert.
Das war meine WG-Zeit in einer alten Villa am Waldrand. Heute möchte ich nicht mehr studieren. Nach dem Studium kehrte ich nach Hamburg zurück. Ich hätte bei Airbus arbeiten können, aber ich habe gemerkt, dass das nicht so mein Fach ist. Anschließend habe ich alles Mögliche probiert. Mit Industrie-Design kriegst du vom Akt- bis zum technischen Zeichnen zwar alles mit, aber nichts wirklich richtig. Ich habe mich als technischer Zeichner beworben, als Innenarchitekt, weiß der Geier was noch. Ich bin dann bei einer kleinen Agentur unterge-kommen. Aber nur, weil ich Brutto mit Netto verwechselt habe. Aber das passiert anderen Leuten ja auch (Gelächter). Der Chef fragte mich was ich verdienen will. Ich sagte „2.000 Zippe_und_Zack_CoverMark muss ich haben“. Er sagte: „Gut!“ Ich dachte netto, er meinte brutto.
Ausgehalten hab ich es dort insgesamt dreieinhalb Jahre; das erste halbe Jahr war komplette Lernphase, da ich diesen Job überhaupt nicht konnte und nur dank netter Kollegen überlebt habe. Wären die nicht gewesen, so würde ich heute vielleicht Socken verkaufen, hätte jedenfalls in dem Job kaum Fuß gefasst. Interessant, was für Zufälle im Leben eine Rolle spielen. Das war richtiges Handwerk … Repros, Zeichnen mit Rapidograph etc. Wir haben damals sehr viel Produktwerbung für die Handelskette co-op gemacht, von der Zigarette über Schnaps bis zum Waschmittel. Wo du heute alles schnell am Computer machst, auf einen Knopf drückst und heraus kommt eine fertige Farbkopie, ist das früher in mühsamer Kleinarbeit entstanden: Scribbles, Vorlayout, Endlayout, Endmuster-Dummy bauen. Eine andere Schrift musste man mit so genannten Color Keys aufwändig mit fieser Chemie herstellen und zusammenkleben. Das war alles wahnsinnig teuer und kostete viel Zeit. Heute kann ich diese Zeit für den Entwurf verwenden. Schon der Schriftsatz war ein Thema für sich.
Als der Computer kam, waren die meisten Schriftsetzer erst einmal arbeitslos. Plötzlich gab es hunderte von Schriften, und später hat sich keine Sau mehr mit Schriften ausgekannt.

Als was siehst Du dich, als Grafiker, Illustrator oder Comiczeichner?
Das hat sich etwas gewandelt. Früher hätte ich mich eher als Grafiker bezeichnet, heute eher als Illustrator. Ich habe mich irgendwann selb-ständig gemacht und wollte zunächst nur zeichnen. Produktwerbung ist gut, um Erfahrung zu sammeln, aber auf Dauer ist das nichts. Dann kam eine Erbschaft dazwischen, und ich habe vier Jahre aufgehört. Aberirgendwann wurde das langweilig, außerdem habe ich gemerkt: „Oh, da ist gar kein Geld mehr übrig.“ (schmunzelt). Dann habe ich meine alten Kontakte abgeklappert und meinte: „Ich bin jetzt wieder hier“, undbekam die Antwort: „Dufte! Na und?“. Dann habe ich mich mit allem Möglichen über Wasser gehalten. Ich habe auch Zeichenkurse gegeben, Grafikkurse für Anfänger und Fortgeschrittene. 

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Special vom: 25.06.2011
Autor dieses Specials: Matthias Hofmann
Die weiteren Unterseiten dieses Specials:
Editorial von Georg F.W. Tempel
Interview mit Philippe Aymond
Grand Prix - Intro zur neuen Rennfahrer-Serie
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