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NICO - Atomium Express
Mit der Serie Nico, von der in Frankreich bereits zwei Bände erschienen sind, legt der 1956 geborene Franzose Philippe Berthet sein aktuelles Comicwerk vor. In Deutschland wurde Berthet vor allem durch seine Serien Pin-Up, Der Ideenhändler und Der Detektiv von Hollywood einem breiteren Publikum bekannt. Betrachtet man die ersten Seiten von Nico, dann scheint die Comicwelt noch in Ordnung. Der Strich ist klar, die Farben sind fl ächig, das Böse ist rot, und Amerika geriert sich als Weltpolizei. Doch bei näherem Hinschauen trügt der Schein, und hinter dem wohlgefälligen Blake & Mortimer-Ambiente tut sich eine Realität der etwas anderen Art auf.

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Alles beginnt mit dem Absturz eines unbekannten Flugobjektes über der Wüste von Neu-Mexiko im Jahre 1947, nicht weit entfernt von dem kleinen Städtchen Roswell. „Ach ja, oller Tobak“, werden die eingefl eischten Verschwörungstheoretiker mit gerümpfter Nase schnauben. „Ist bekannt! Nix Neues!“ So weit, so gut. Aber Philippe Berthet und sein Szenarist Fred Duval, in Deutschland vor allem durch seine Serie McCallum bekannt, beginnen nun, die Tatsachen zu verändern. Das was da am Himmel von Roswell gesichtet wurde und schließlich in den heißen Wüstensand stürzte, war nicht – wie bisher gemeinhin bekannt – ein geheimer Wetterballon der amerikanischen Luftwaffe. Stattdessen beschließt Harry S. Truman, der zu der Zeit amtierende USPräsident, die Weltöffentlichkeit über die wahre Identität des Wracks zu informieren: Es ist eine fl iegende Untertasse. Und die Studien an dem Objekt und die daraus resultierenden Ergebnisse werden den USA einen ungeheuren technischen Vorsprung vor den kommunistischen Mächten verschaffen. Aber da hat Truman die Rechnung ohne die Außerirdischen gemacht, denn kurz vor dem Roswell-Zwischenfall ist ein ebenso unbekanntes Objekt über Russisch Fernost abgestürzt, und Genosse Stalin verkündet feixend, dass die Amerikaner den Ball etwas flach halten sollten.

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Unter diesen Vorzeichen kreieren Berthet und Duval nun eine Welt, die völlig verkehrt zu sein scheint: Marilyn Monroe und ihr Ehemann Isaac Asimov etwa feiern im August 1966 den 40. Geburtstag des platinblonden Sexsymbols. Und während Präsident Kennedy und seine Gattin Jackie unter den Gästen weilen, geben die Beatles zusammen mit den beiden deutschen Tastenvirtuosen Ralf und Florian ein Konzert zu Ehren des Geburtstagskindes.

Es sind diese kleinen Ideen, was sich geändert haben könnte im Lauf der Weltgeschichte, wenn man zu einem bestimmten Zeitpunkt ein kleines Teil im großen Puzzle der Zeit verändert hätte, die der spannenden Agentengeschichte eine zweite Ebene geben. Marilyn und Präsident Kennedy leben, Ralf Hütter und Florian Schneider gründen nicht Kraftwerk, sondern spielen an Stelle von Billy Preston mit den Beatles zusammen, und Steve McQueen kehrt nach einer
kurzen Einlage am Actor’s Studio zum Geheimdienst zurück.

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Bei genauem Lesen und Betrachten der Zeichnungen werden dem Rezipienten viele weitere kleine Versatzstücke auffallen, die ihn zum Schmunzeln bringen werden.

Dem im Januar 1965 geborenen Szenaristen Fred Duval ist es hoch anzurechnen, dass er eine nicht völlig verquere Welt geschaffen hat, sondern den Leser auf eine Reise mitnimmt, die möglicherweise unter den genannten Prämissen tatsächlich so hätte sein können. Man nimmt hin, dass Fidel Castro als eloquenter Gentleman auftaucht oder dass Kuba und Amerika an einem Strang ziehen. Gleichzeitig entwirft Berthet, ohne sich selbst zu verleugnen, ein Ambiente, das mit seinem klaren Strich bei oberfl ächlichem Hinwegsehen über die Comicseiten tatsächlich an Blake & Mortimer erinnert. Aber letztendlich ist dort, wo Berthet draufsteht, auch Berthet drin. Und so werden die Fans von Pin-Up oder seinem Beitrag zur Serie XIII Mystery nicht enttäuscht sein.

Text: Fred Duval
Zeichnungen: Philippe Berthet
Übersetzung: Fritz Walter

Los geht es mit dem 1. Teil dieser Geschichte in Zack 138...


Special vom: 22.11.2010
Autor dieses Specials: Zack
Die weiteren Unterseiten dieses Specials:
Haarmann – eine deutsche Geschichte
Editorial von Georg F.W. Tempel
Ein Interview mit Bodo Birk
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