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Hugo Pratt: Ein Mann - viele Abenteuer
Im August 2010 jährt sich zum 15. Mal der Todestag des Comic-Autors und Multitalents Hugo Pratt. In Deutschland ist Pratt vor allem durch seine Abenteuerserie Corto Maltese bekannt. Pratt, selbst ein Weltenbummler, lebte an vielen verschiedenen Orten, beherrschte eine Reihe von Sprachen und war Kenner vieler Kulturen – eben ein echter Kosmopolit. Viele „alte“ ZACKFans werden sich sicher noch an Pratts berühmte Südseeballade erinnern, die 1974 als deutsche Erstveröffentlichung in ZACK (4-20/74) erschien. Die jugendlichen Leser wussten mit dem außergewöhnlichen Zeichen- und Erzählstil damals allerdings wenig anzufangen, und so musste die Story unbeendet nach 119 Seiten abgebrochen werden. Anfang der achtziger Jahre wurde das Ende der Erzählung durch das österreichische Magazin Comic Forum veröffentlicht. Seitdem sind viele Pratt-Geschichten bei verschiedenen deutschen Verlagen erschienen. Pratts Comic-Werk wurde weltweit mit vielen Preisen und Auszeichnungen bedacht, und das Sibirien-Abenteuer seines Helden Corto Maltese wurde 2002 in Frankreich sogar verfilmt. 2009 tauchte dann plötzlich ein Fragment eines 1969 begonnenen und nie beendeten Sandokan-Abenteuers auf. Pratt bleibt im Gespräch.

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Weniger bekannt ist, dass Hugo Pratts Schaffen nicht nur auf die Abenteuer von Corto Maltese und seine große Anzahl anderer Comic-Werke beschränkt war. Es sollte nicht unerwähnt bleiben, dass er auch Schauspieler, ein genialer Aquarell-Maler, Drehbuchautor und ein vollendeter Schriftsteller war. Außerdem fertigte er herausragende Illustrationen für Bücher und Schriften an, so z. B. für Poêmes von Rudyard Kipling oder Lettres d’Afrique von Arthur Rimbaud.

Wer die Biographie Pratts liest, der hat das Gefühl, sich in einem der spannenden Abenteuer seines berühmtesten Helden Corto Maltese zu befinden: Hugo Eugenio Pratt erblickte am 15. Juni 1927 in einer Ortschaft nahe der italienischen Stadt Rimini als Sohn von Rolando Pratt und Evelina Genero das Licht der Welt. Wenige Zeit später zogen seine Eltern nach Venedig. Hugo war gerade erst zehn Jahre alt, als er gemeinsam mit seiner Mutter 1937 zu seinem Vater in die italienische Kolonie Abessinien (heute Äthiopien) reiste. Rolando Pratt hatte dort trotz schwieriger wirtschaftlicher Lage Arbeit gefunden.

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Für den jungen Hugo Pratt waren die Ereignisse und Erlebnisse dieser Kinder- und Jugendjahre sehr prägend und beeinflussten seine späteren Arbeiten entscheidend. Er lernte eine andere Kultur und die Geschichte Afrikas kennen, und er nutzte den Aufenthalt, um viele Freundschaften zur einheimischen Bevölkerung zu knüpfen. Außerdem erwarb er eine seiner wichtigsten Eigenschaften: den Respekt vor anderen Kulturen. 1942 kehrte er mit seiner Mutter nach Italien zurück.

Nach Kriegsende war Hugo Pratt 1945 Gründungsmitglied und Teil der „Gruppe Venedig“ zur der u. a. auch Dino Battaglia, Mario Faustinelli, Alberto Ongaro, Ivo Pavone und Giorgio Bellavitis zählten. Künstlerische Vorbilder für die Gruppe waren amerikanische Serien wie Milton Carniffs Terry and the Pirates, Bob Kanes Batman, Lyman Youngs Tim Tyler’s Luck und nicht zuletzt Will Eisners Spirit.

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Sein Debüt als Comic-Zeichner lieferte Pratt mit Asso di Picche, einer Comic-Serie, die erstmals 1945 erschien und für die er hauptsächlich die Bleistiftzeichnungen anfertigte. Nach weiteren Comics wie Silver Pan, Indian River, Alan delle Stelle und Junglemen nach Szenarien von Faustinelli und Ongaro folgten Pratt, Faustinelli und Ongaro Ende 1949 einer Einladung des argentinischen Verlegers Cesare Civita, der den Künstlern anbot, für dessen Verlag Abril in Buenos Aires zu arbeiten. Für Civitas Zeitschriften Salgari und Misterix zeichnete Pratt nach Szenarien von Alberto Ongaro El cacique blanco (1951) und Legión extranjera (1954).

Während seines Aufenthalts in Argentinien lernte Pratt den Autor und Verleger Hector G. Oesterheld kennen. Die Zusammenarbeit mit Oesterheld stellte für Pratts künstlerisches Schaffen einen Wendepunkt dar. Der stilistische Einfluss des amerikanischen Comics verlor sich, und er entwickelte seine eigene besondere Art der graphischen Darstellung. Nach Szenarien von Oesterheld zeichnete Pratt El Sargento Kirk (ab 1953), Ticonderoga (ab 1957), Ernie Pike (ab 1957) und Lobo Conrad (1958). In Ernie Pike geht es um einen Kriegsberichterstatter gleichen Namens, der während des Zweiten Weltkriegs die Kämpfe vom Pazifik über Nordafrika bis nach Europa verfolgt. Bei den anderen Abenteuern handelt es sich jeweils um Western- bzw. Trappergeschichten. 1959 trennten sich Oesterheld und Pratt nach mehrjähriger erfolgreicher Teamarbeit.

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Nachdem der Zeichner ausschließlich nach Szenarien anderer Autoren gearbeitet hatte, entstand für den Verlag Grupo Editorial Fascinación von Alvaro Zerboni die neue Serie Ann y Dan (ab 1959), Pratts erster Comic, der komplett von ihm konzipiert und realisiert worden war. Das Szenario von Ann y Dan ist in Ostafrika im Jahre 1913 angesiedelt und schildert die abenteuerlichen Erlebnisse einer britischen Fortbesatzung zu Beginn des 1. Weltkriegs.

Neben seiner Arbeit fand Pratt immer wieder Zeit für ausgedehnte Reisen (Patagonien, Europa), war als Sänger und Gitarrist aktiv und vermittelte an einer Kunstschule jüngeren Kollegen die ersten Grundbegriffe des Comic-Zeichnens. Im Spätsommer 1959 verließ Pratt Argentinien und ging nach London, wo er vor allem für die Agentur Fleetway Publications nach Manuskripten englischer Autoren an der Serie War Picture Library arbeitete.

Nachdem er im Sommer 1960 nach Argentinien zurückgekehrt war, kreierte er für das Magazin Misterix die Abenteuerserie Capitán Cormorant (1962 ), thematisch ein Vorläufer der Südseeballade, und den Western Wheeling (1962). Für Wheeling erfand der Autor die Figur des Simon Girty, die erkennbar ein Selbstportrait Pratts ist.

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Special vom: 24.04.2010
Autor dieses Specials: Michael Hüster
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