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"Die große Nummer" - Eine außergewöhnliche Mecki-Story
Die MECKI-Comicseite in HÖRZU erschien ab der Episode „Die große Nummer“ (1953-1954) nicht mehr sporadisch, sondern in jeder Ausgabe. Schon der Fortsetzungscharakter der Geschichte gab dies vor. Neu war auch, dass Escher den Text ab nun unter die Zeichnungen setzte (zuvor gab es meist nur kurze Sprechtexte in den Bildern), was ihm besonders gut lag. Damals verwendete Escher noch fünf Bildstreifen. Nach einigen Jahren schwenkte er auf vier um – wohl, weil der enorme Aufwand auf die Dauer nicht zu bewältigen war. Nicht unerwähnt soll sein, dass die MECKI-Seite in den ersten Jahren noch „für jung und alt“ (zeitweiliger Untertitel) angefertigt wurde.

Eschers Tochter Regine Mosimanns Kommentar: „Es ist völlig richtig, dass Reinhold Escher zu Zeiten der „Großen Nummer“ auf seinem Höhepunkt war. Aber 1958 wurde der Zwang, jede Woche eine Seite abliefern zu müssen, zu groß und er landete im Sanatorium. Das war die Zeit, als Petersen, der ja bereits einige MECKI-Bücher gezeichnet hatte, kurzfristig einspringen musste. Die lange Manegenserie war wie der Zirkus selbst: gleich gut geeignet für Kinder und Erwachsene. Und natürlich konnte man frecher sein, wenn es keine reinen Kindergeschichten sein mussten.“

Mecki_Grosse_Nummer
Die erste Seite von Reinhold Eschers exquisiter MECKI-Story "Die große Nummer".

Was Eschers Zeichenkunst betraf, so sind die frühen MECKI-Jahrgänge an Detailfülle nicht zu überbieten. Besonders viel Spaß scheinen dem Künstler skurrile Maschinen bereitet zu haben. Die exzellenten Tierdarstellungen sind eine Folge seiner umfangreichen Studien in Hagenbecks Tierpark. Die Geschichtchen rund um das Zirkusleben sind spannend, voller Phantasie und als Zeitdokument interessant.

Ein Zeitdokument sind auch manche politischen Inkorrektheiten. In den 50er Jahren herrschte noch ein starkes hierarchisches Bewusstsein. Auf den hier abgedruckten Seiten wird einerseits ein Bettler als fragwürdige Gestalt eingestuft, während der in Saus und Braus lebende Millionär P. P. Poppe ganz selbstverständlich als edler Gönner wegkommt (beides: 8. Akt). Doch es wäre nicht Escher, wenn er nicht einen weiteren Tippelbruder (heute würde man Obdachloser sagen) als sehr liebenswert darstellt (6. Akt) und Poppe an anderer Stelle kräftig auf die Schippe nimmt.

Als der Zirkus in Afrika gastiert, wird der Kolonialgeist, der zu dieser Zeit noch das allgemeine Denken beherrschte, deutlich, und man sieht die „Neger“ bei einem Fußballspiel als unzivilisierte Chaoten. Lange Zeit hatte sich die Gesellschaft keine Gedanken darüber gemacht, welche Auswirkungen pauschale Verunglimpfungen von Volksgruppen in Unterhaltungsmedien haben könnten. Falls doch einmal Kritik aufkam, hieß es stets: „Ist doch alles nur Spaß.“ Da Humor nur auf einer gemeinsamen Basis funktioniert (es klappt nicht wirklich, wenn der Leser über den zu parodierenden Gegenstand grundsätzlich anderer Meinung ist), hat Escher oft auch gängige Klischees bedient. Doch das hatte seine Grenzen. Selbst bei Darstellungen, die aus heutiger Sicht diskriminieren, schimmert Eschers Warmherzigkeit und Respekt vor Mensch und Tier durch. Die Begegnungen enden dementsprechend meistens in Harmonie. Frau Mosimann: „Rasissmus gab es nicht in seinem Gedankengut.“  

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Special vom: 17.12.2009
Autor dieses Specials: Gerhard Förster, Gemmo Beyer
Die weiteren Unterseiten dieses Specials:
Im Gespräch mit Horst Berner
Mit Schirm, Charme und Melone - Die Comics
Hombre
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