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Das Faszinierende an Buschs Zeichnungen
Koenig_Cover_Illu.jpgAndreas C. Knigge: Ralf, du hast Wilhelm Busch als Kind gelesen und über die Streiche von Max und Moritz gelacht.

Ralf König: Ich war noch so klein damals. Bei uns gab es diese rote Kladde, dieses Familienbuch von Busch im Schrank. Ich hab das irgendwann entdeckt – das wurde nie vorgelesen oder so. Ich hab es dann irgendwann mal rausgezogen und war gleich ziemlich fasziniert von diesen Bildern, die ja eigentlich für Erwachsene sind. Ich finde, die Zeichnungen sind oft ziemlich brutal. Das hat mich damals abgeschreckt und zugleich fasziniert. Aber auch amüsiert.

Da gibt es die Geschichte von Fips. Da kommt jemand zum Friseur, der hat so lange Haare, dass er nicht sieht, dass da kein Friseur ist, sondern Fips der Affe. Der sitzt dann auf dem Schrank und macht mit ihm ganz schreckliche Dinge. Verbrennt ihm das Ohr mit dem Brennstab und all so was. Oder da ist ein "Neger", der hat einen Nasenring und dem wird die Nase dann abgerissen. Doch bis sie abreißt, macht sie erst noch – als wäre sie aus Kautschuk – so einen langen Kringel. Das fand ich damals urkomisch, weil es ja auch fast weh tut, das zu sehen. Eine sehr schmerzhafte Art zu zeichnen. Ich hatte allerdings noch nicht kapiert, was die eigentliche Qualität von Busch ist – nämlich das zutiefst Menschliche, diese Philosophie dahinter, dieses Kleinbürgerliche, dieses groß tun und dabei sehr engstirnig sein.

Diese ganze Bigotterie mit Kirchenthemen, das hab ich damals noch nicht verstanden. Aber ich hab dieses Buch immer noch – mit so kleinen Zeichnungen, die ich da reingekritzelt hab. Z.B. "Plisch und Plum" geht mit dem Reim "Phütt! – ist die Geschichte aus" zuende. Und dieses "aus" hat Wilhelm Busch in seine Zeichnung integriert. Da ist eine Pfeife, die so qualmt. Und der Qualm ergibt dann mit dieser alten Schrift das Wort "aus". Das hab ich als Kind aber nicht kapiert und mit meiner Kinderschrift "aus" hingeschrieben.

Aber das ist wirklich sehr lang her und es war lange vor "Asterix" und "Micky Maus". Ich behaupte deshalb mal, dass Wilhelm Busch damals so eine Initialzündung war. Ich hab in dem Alter auch angefangen zu zeichnen. Ich kann nicht mit Gewissheit sagen, ob das jetzt in einem Effekt aufeinander folgte, aber ich glaube unbedingt, dass wenn man in diesem Alter etwas sieht, das einen so fasziniert, dass das einen dann auch kreativ machen kann.

Ich hab mich auch gefreut, als die Anfrage zum "Wilhelm Busch und die Folgen" kam .Da hab ich sofort gesagt: "Ja, ja, das mach ich!" Ich hatte zwar ewig nicht mehr in das Buch reingeguckt. Ich kannte gar nicht das Gesamtwerk und auch nichts über sein Leben – damit habe ich mich erst in diesem Zusammenhang befasst – aber es war sofort klar, dass ich was mache, weil es mir einfach etwas bedeutet.

Knigge: Du bist auch auf den Unterschied zwischen Comic und Bildergeschichte eingegangen und hast deine Geschichten im Busch-Stil mit Versen angelegt. Was war das für eine Erfahrung? Du hast ja bisher immer mit Sprechblasen gearbeitet.

König: Es war für mich sofort klar, dass ich etwas in diesem Ton, in diesem Stil machen werde. In meiner ersten Bildergeschichte hab ich ja auch die Bilder untereinander angesetzt und nicht nebeneinander. Das kam so aus dem Bauch.

Knigge: Wie hat sich die Arbeit gestaltet? Ich dachte, wenn du einen Comic zeichnest – ganz klassisch mit Sprechblasen –, dann hast Du eine Situation vor Augen, die du zeigen willst. Eine Person soll etwas sagen, dann kriegt sie auch eine bestimmte Sprechblase. War das schwierig, jetzt zu reimen und den Text in eine bestimmte Form zu bringen?

König: Das hat mich selbst fasziniert – ich hab noch nie so viel gereimt am Stück. Ich fing an zu reimen und hatte die Geschichte grob im Kopf. Dann hatte ich da den ersten Satz und der war toll – und verdammt noch mal, reimt sich dann mein nächster Satz auch? Vielleicht gibt es da kein Wort, das sich z.B. auf "ips" reimt. Und da muss man halt umdenken und den ersten Satz wieder streichen. Es tut weh, aber es geht leider nicht anders. Dass ich es am Ende trotzdem immer schaffe, das zu sagen, was ich will und es reimt sich auch noch, ist eine faszinierende Sache. Es gibt immer ein Wort, das passt. Ich hab mich einfach an den Computer gesetzt und wusste wie beim Comic-Zeichnen nicht, wo die Sache hinführen würde. Aber die ganzen Details, das alles ergab sich beim Texten. Einfach weil der Reim so schön war, hab ich mit der Geschichte einen Schlenker gemacht, es war sehr locker und hat Spaß gemacht.


Special vom: 06.02.2008
Autor dieses Specials: Daniela Graf & Martin Jurgeit
Die weiteren Unterseiten dieses Specials:
Busch und die Gewalt
Busch und die Bigotterie
Der gemalte Willi und der Prototyp
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