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Interview mit Lorenzo Pastrovicchio auf der CA 99
pastrovicchio1.jpgWährend der Comic Action '99 wuselten ja die "Big Four" überall rum und hielten Interviews links und rechts. Bernd Glastetter der Spl@shpages nutzte seine Sprachkenntnisse um zu erfahren, wie es denn Phantomias geht und was Italien an Disney Ideen denn noch alles parat hätte. Er nahm sich Lorenzo Pastrovicchio zur Seite, der für die Serie "Paperinik" bei Disney Italien zeichnet. Paperinik erschien damals als Phantomias monatlich bei Ehapa.

Bernd Glastetter: Seit wann bist Du schon bei Walt Disney dabei?

Lorenzo Pastrovicchio: Ich begann 1993 mit einer Ausbildung an der Disney-Akademie. Das dauerte rund neun Monate. Das ist ein Kurs für Zeichner, die bereits gut zeichnen können und nun sich auf die Walt Disney-Charaktere spezialisieren wollen. Danach wurde ich für ein Jahr auf Probe eingestellt und habe danach erst richtig mit der Arbeit begonnen. Also 1995. Nun arbeite ich also seit vier Jahren voll für Disney.

BG: Zeichnest Du nur Phantomias, oder auch andere Charaktere?

LP: Ich begann zunächst mit den Fieselschweiflingen. Danach habe ich eine Geschichten für Topolino gezeichnet [Anmerkung der Redaktion: Das italienische Gegenstück zur Micky Maus]. Mit der dritten Geschichte bin ich dann schon bei Phantomias gelandet. 62 monatliche Seiten, an denen zu diesem Zeitpunkt und auch jetzt nur die besten Zeichner von Walt Disney Italien arbeiten.

pastrovicchio2.jpgBG: Arbeitest Du nur für Walt Disney, oder machst Du auch andere Comics?

Antwort: Derzeit bin ich Kontakt mit Dark Horse. Ich würde gerne realistische Comics zeichnen. Ich habe einige Probezeichnungen eingeschickt. Aber derzeit arbeite ich tatsächlich nur für Walt Disney.

BG: Wie ist der neue Phantomias eigentlich entstanden? Früher war er ja mehr in das "alte" soziale Umfeld von Entenhausen eingebunden. Jetzt gibt es das nicht mehr und neue Charaktere wurden ihm zur Seite gestellt.

LP: Das Ganze ist dadurch entstanden, dass Walt Disney neue Wege gehen wollte. Mehr in Richtung Manga, realistischer gezeichnet. Phantomias erschien davor in einem monatlichen Sammelband und einem kleineren Format. Darin waren Geschichten, die einfach neu gedruckt wurden. Die Cover aber waren in einem neuen Design erstellt. Mit Computer-Kolorierung, sehr viel lebendiger. Unser Chefredakteur hat uns als gefragt: "Warum können wir solch schöne Cover machen und haben dann nur alte Geschichten in den Bänden? Versuchen wir doch etwas Neues zu machen." Das war der Startpunkt. Ein Studio wurde gegründet, eine neue Welt erschaffen. Phantomias wurde quasi neu erschaffen, auch wenn es ihn schon fast dreißig Jahre gab. Paperopoli [Entenhausen] war zuvor immer nur eine Art amerikanischer Vorstadt mit lauter kleinen Häusern. Wir haben uns also gedacht, dass diese kleinen Häuser zu den Vororten von Entenhausen gehören könnten und das im Stadtkern eine gewaltige Stadt mit Hochhäusern existieren könnte. So wurde auch eine Ausrede geschaffen, mit der Paperinik in eine andere Umgebung versetzt wurde, die realistischer wurde. Da wurde dann der Ducklair Tower reingesetzt, den Onkel Dagobert gekauft hat.

phantomias1.jpgBG: Nun fehlen also alle alten Charaktere. Daisy gibt es nicht mehr. Die Neffen sind quasi verschwunden...

LP: Naja, wir mußten zu Beginn einige Ausreden einführen, warum diese Charaktere nicht mehr auftauchen. Onkel Dagobert taucht auf, wenn es Probleme mit dem Tower gibt. Die Neffen haben wir auf eine Reise mit den Fieselschweiflingen geschickt. Allerdings dauert die natürlich jetzt schon etwas sehr lange... Aber es wird einigermaßen dadurch erklärt, dass Donald schon ab und zu nach Hause zurück geht. Die Charaktere sind noch da, aber sie spielen in seinem Leben als Phantomias keine große Rolle.

BG: Es wäre schon einmal ganz nett gewesen einen Streit zwischen Daisy und Lyla zu sehen.

LPLP: Klar, aber wir versuchen die beiden Veröffentlichungen auseinanderzuhalten. Wir wollen einfach diese erwachsenere Atmosphäre in der Welt von Phantomias beibehalten. Auch Daniel Düsentrieb bleibt ja nun außen vor. Wobei hier sogar in einem Special erklärt wurde, was an dem Tag geschah, als Daniel Düsentrieb die Aufgabe des technischen Beschützers an Eins abgab. Phantomias ist nun einmal ein Superheld mit Superschurken, die wenig Platz für die alten Charaktere lassen. Vielleicht nicht wenig Platz, aber wir versuchen sie außen vor zu lassen, denn besonders in Topolino sind die Geschichten nicht so ernst wie bei Phantomias.

phantomias_11.jpgBG: Was hat eigentlich Walt Disney USA zu Phantomias gesagt? Die sind ja dafür bekannt sehr streng bei der Überwachung der Charaktere zu sein.

LP: Die haben erstmal gefragt, wer er ist ;-) Die wußten gar nichts mit diesem Charakter anzufangen. Spaß beiseite. In Wirklichkeit - wobei das meine persönliche Meinung ist - haben sie nichts gegen ihn einzuwenden, solange er sich nur gut verkauft. Und tatsächlich verkauft sich Phantomias in der ganzen Welt so gut wie Spawn! Also ist das für Walt Disney USA kein Problem. Es reicht wohl aus, dass die italienische Abteilung die Produktionskosten niedrig und die Verkäufe hoch hält. Und dann bleibt sich Donald als Phantomias auch treu. Es funktioniert nicht immer alles, selbst mit all diesen Superwaffen. Zudem stirbt ja nie jemand in den Comics. Auch hier haben die USA natürlich ein Auge auf die Produktion. Auch dass die Gewalt nicht ausufert.

BG: In der Welt von Donald und Co. stirbt niemand, niemand hat Kinder...

LP: Stimmt. Allerdings fordern die Leser immer wieder, dass auch das möglich ist, dass härtere Geschichten erscheinen. Aber das geht einfach nicht. Da müssen wir immer aufpassen, dass das nicht passiert. Es muß einfach der Disney-Stil beibehalten werden.

BG: In Italien ist nun ein weiteres monatliches Heft erschienen: Micky Maus Mistery Magazin.

LP: Ja. Allerdings hatte dieses Heft sehr große Startschwierigkeiten. Und zwar deswegen, weil Topolino nun einmal das Symbol von Walt Disney ist. Donald Duck ist vielleicht noch ein bißchen berühmter, Micky Maus ist aber das Symbol. Nun haben wir hier in Europa von Micky Maus inzwischen das Bild eines Detektiven, eines Spions. Walt Disney USA aber nicht. Die sehen ihn immer noch gerne mit der kleinen roten Hose, ohne Oberteil und mit hoher Stimme. Wir wollten also ähnliches mit ihm anstellen, wie mit Phantomias. Ein größeres Format, ernstere Geschichten, im größeren Entenhausen...

BG: Nun ist er aber in einer anderen Stadt...

LP: Naja die Entschuldigung war dann, ihn in eine andere Stadt zu schicken und ihm die "alten" Freunde zu entziehen. Trotzdem haben Frankreich und die USA das Projekt für quasi ein Jahr blockiert. Es war alles fertig und hätte schon lange in den Handel gehen können. Zum einen wurde das Projekt wegen der Zeichnungen blockiert. Und dann gefielen ihnen auch die Geschichten nicht. Und daher endet nun jede Geschichte mit dem Zusatz, dass Micky einen Film gesehen hat und das Ganze nicht real war. Allerdings weiß ich nicht, wie es in Zukunft da weiter gehen wird. Den Lesern gefallen die neuen Stories, die alle zwei Monate erscheinen.

Walt Disney Italien hat viele Ideen. Eigentlich würden wir gerne jedes Jahr etwas Neues herausbringen. Da gibt es viele junge Zeichner, die ständig irgendwelche Konferenzen abhalten und neue Charaktere hervorbringen. Aber wir stoßen immer wieder auf Wiederstand durch die Amerikaner, die einen sehr störenden Filter darstellen. Alles muß "richtig" sein.


Special vom: 12.06.2006
Autor dieses Specials: Bernd Glasstetter
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Globulo Rosso von Massimo Fecchi
Interview mit Massimo Fecchi
Intervista a Massimo Fecchi
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