Optionen und weiterführende Links



In der Datenbank befinden sich derzeit 477 Specials. Alle Specials anzeigen...

Jule K.
Ihre Comics sind frech, schräg und voller Leben. Das Werk von Jule K. gehört zu dem Schrillsten, was Comicschaffende in Deutschland derzeit zu Papier bringen. Und das ihre Geschichten wie ein Griff ins volle Leben wirken, überrascht nicht: „Ich mag Comics, in denen was los ist und Figuren, die sich mit Themen rumschlagen, mit denen man selber zu tun hat wie Musik, Liebe, Sex, Jobs“, so die 1974 in Lemgo geborene Comiczeichnerin.

Auch ihr letztes eigenes Comicheft, „Cherry Blossom Girl“ (erschienen bei der Edition 52) setzt sich mit diesen Themen auseinander. Mit frechem Zeichenstrich erzählt Ju-le K. die Geschichte einer allzu menschlichen Superheldin, die ihre Superkräfte durch den Verzehr einer Überdosis halb vergorener Kirschen erlangt. Dadurch wird aus dem unscheinbaren und unbeliebten Mädchen eine schöne und süße Heldin, deren Aufgabe es ist Mädchenherzen zu retten. Natürlich lässt da auch der Erfolg in der Männerwelt nicht lange auf sich warten. Allerdings verliert sie in dem Moment ihre Gabe, als sie sich erstmals selber verliebt. Und als ob das noch nicht schlimm genug wäre, wird ihr auch noch gleich das Herz gebrochen. Cherry Blossom wäre allerdings kein Supergirl, würde sie sich nicht auch aus dieser Situation befreien können – Hilfe naht ihr in Form eines romantischen Matrosen.

Ihre Zeichnungen sieht man dabei an, dass sie ihre Vorbilder im Bereich der Inde-pendent Comics liegen „Ich wurde am stärksten von den Indie-Comics aus den Neunziger Jahren beeinflusst, beispielsweise von Peter Bagge, Julie Doucet, Teer, Calle Claus oder Los Bros Hernandez – um nur einige zu nennen“, so die Künstlerin. Ihre Darstellungen lassen dem Betrachter dabei genug Spielraum für eigene Gedan-ken, eigene Interpretationen. Der kindlich-naive Strich ist dabei gleichzeitig auch ein Spiegelbild der Gedankenwelt der handelnden Personen.

Mit ihrer Art Geschichten zu erzählen und in Bildern umzusetzen, hebt sich Jule K. angenehm aus der Riege der deutschen Zeichner ab. Konsequenterweise sieht sie deshalb auch keinen einheitlichen deutschen Zeichenstil. Lediglich bei den Erzähl-strängen sieht sie einen Zusammenhang. „Inhaltlich fiel mir aber in letzter Zeit auf, dass momentan viele Comics herauskommen, in denen es eher poetisch zugeht und in denen hauptsächlich innerliche Vorgänge beschrieben werden“, so Jule K.

Den Stellenwert im benachbarten Ausland von ihrer Arbeit und die ihrer Kollegen schätzt sie dabei als nicht zu gering ein. „Soweit ich das mitbekommen habe werden doch etliche deutsche Comiczeichner im Ausland publiziert. Nicht nur aus dem abso-luten Mainstream-Bereich, sondern auch Zeichner wie beispielsweise Mawil, Rein-hard Kleist oder Arne Bellsdorf. Also kann es doch nicht allzu schlimm sein,“ so Jule K. selbstbewusst.

Und auch sie kann stolz auf ihr bisher geleistetes sein. Davon zeugen die zahlrei-chen Ausstellungen und Comic-Veröffentlichungen von ihr im Ausland. So hingen beispielsweise Zeichnungen von ihr im museum of modern art in Rijeka (Kroatien). Einen ersten Höhepunkt erreicht Jule K bereits 2001: Auf dem angesehenen Comic-festival von Fumetto gewann sie beim internationalen Comicwettbewerb den 3. Preis.

Das es sich hierbei allerdings um keine einmalige Sensation handelt, belegt der wei-tere Werdegang, denn das Interesse an ihrer Arbeit ist nach wie vor groß. „Im Allge-meinen scheint es ja schon so, als wäre die Beliebtheit von Comics und comicartigen Illustrationen in letzter Zeit angestiegen. Ob sich das aber auch positiv auf den Indie-Bereich auswirkt, bleibt abzuwarten“, gibt sich Jule K. aber dennoch vorsichtig.

Dabei stehen die Zeichen weiter auf Erfolg. Mit Veröffentlichungen wie beispielswei-se in der aktuellen Hamburg Ausgabe 82 des Comicmagazins Strapazin unterstreicht sie ihre Bedeutung für den nationalen und internationalen Markt. Gerade druckfrisch erschienen ist im Ehapa-Verlag ein Interview Pop Comics, in dem Jule K. als Gast-zeichnerin einen Auftritt hat.

Nachdem sie 2005 ihren Diplomabschluss im Bereich Illustrati-on/Kommunikationsdesign in Hamburg absolvierte, arbeitet Jule K. seitdem als freie Illustratorin, Künstlerin und Comiczeichnerin. Und wie werden sich ihrer Meinung nach der deutsche Comicmarkt und damit auch ihre Arbeit weiter entwickeln? „Hof-fentlich positiv. Ich glaube schon daran, dass eine große Zielgruppe vorhanden ist. Aber in Deutschland assoziieren die meisten Leute Comics doch noch mit witzigen Geschichten für Kinder. Dass es darüber hinaus noch die unterschiedlichsten Berei-che gibt ist hier leider nicht so allgemein bekannt“. Jule K. trägt einen großen Beitrag dazu bei, dass sich dies in der Zukunft ändern wird.


Special vom: 04.06.2006
Autor dieses Specials: Bernd Hinrichs
Die weiteren Unterseiten dieses Specials:
Calle Claus - Der Künstler der leisen Töne
Reinhard Sergio Kleist
Ulf K.
Uli Oesterle
Alex Fechner und Miguel E. Riveros
Zurück zur Hauptseite des Specials


?>