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Kapitel 2 - Romita attacks
Romita attacks
1966 - 1972



Ditko vs. Lee
Die Frage nach der Identität des Grünen Kobolds hatte auch hinter den Kulissen für Probleme gesorgt, denn im Gegensatz zu Stan Lee war Zeichner Steve Ditko der festen Überzeugung, daß es weitaus realistischer wäre, wenn unter der Maske des Gegners ein Unbekannter stecken würde (wie es zuvor schon mehrfach bei Figuren wie Electro, dem Crime Master und dem Looter der Fall gewesen war), doch Lee beharrte darauf, daß es viel dramatischer sei, wenn Spider-Mans größter Gegner jemand war, zu dem er auch privat eine Verbindung hatte.
So kam es, daß Ditko die Serie verließ und die Kobold-Geschichte in Heft 39 und 40 von John Romita gezeichnet wurde, der bislang eher für Teenager- und Liebescomics bei Marvels Konkurrenten DC bekannt war, allerdings bereits zuvor Gelegenheit hatte, den Netzschwinger in Szene zu setzen, nämlich in "Daredevil" #16. Romita versuchte zunächst erfolglos, Ditkos Stil zu kopieren, doch es wollte ihm einfach nicht gelingen, Peter Parker die von Lee geforderte "Normalität" zu verliehen, so daß man sich schließlich entschied, Peter auch äußerlich "reifen" zu lassen.

Amnesie, die erste

Eine Rückblende in "Amazing" #40 enthüllte, wie Norman Osborn zum Grünen Kobold geworden war, und es kam zum spektakulären Endkampf zwischen Spider-Man und seinem Erzfeind. Die Geschichte endete damit, daß Osborn durch einen Stromschlag teilweise sein Gedächtnis verlor - in Lees Augen wohl die einzige Möglichkeit, um zumindest vorübergehend die Gefahr, die von Normans Wissen um Peters Geheimidentität ausging, zu bannen. Was hier noch wie ein halbwegs origineller Kunstgriff wirkte, sollte später jedoch zu einem drögen Klischee verkommen.

Das große Los

Neben den ersten Auftritten des nahezu unaufhaltsamen Rhino und der Rückkehr von John Jameson, der im Gegensatz zu seinem Vater keinen Haß auf Spider-Man verspürte, hatten die nächsten Ausgaben eine weitere Überraschung zu bieten: Am Ende von "The Amazing Spider-Man" #41 gab es für Peter kein Entrinnen mehr, diesmal begegnete er tatsächlich Mary Jane Watson, die sich zu seiner Überraschung als rothaarige Traumfrau entpuppte und ihn mit den Worten "Sieh's ein, Tiger, du hast soeben das große Los gezogen!" begrüßte.
Inzwischen war ein weiterer alter Bekannter zurückgekehrt: Curt Connors, den Peter in Heft 6 (scheinbar) von seinem anderen Ich, der Echse, befreit hatte, half ihm nunmehr im Kampf gegen Rhino. Derweil hatten ihm die Rächer in "The Amazing Spider-Man Annual" #3 das Angebot gemacht, ihrem Team beizutreten. Aufnahmebedingung war ein Sieg über den Hulk, doch nachdem Peter durch Zufall erfahren hatte, daß dieser in Wahrheit der Wissenschaftler Dr. Banner war, wies er kurzerhand das Angebot der Rächer zurück.

Goldene Zeiten

Mit Romita als Zeichner wurde die Serie populärer denn je. Neben der Rückkehr von alten Bekannten wie der Echse, Kraven oder Dr. Octopus (der diesmal als Untermieter bei Tante May einzog, die natürlich mal wieder konsequent Gut und Böse verwechselte) wurden auch neue Gegner eingeführt, darunter der Shocker, der neue Geier Jackie Drago (der jedoch schon bald wieder seinem Vorgänger Adrian Toomes Platz machen sollte) sowie eine Figur, wie es sie bis dato kaum irgendwo gegeben hatte: In der Jubiläumsnummer 50 debütiert der "Kingpin" genannte Glatzkopf Wilson Fisk, die Verkörperung des unantastbaren Verbrecherbosses, dem niemand etwas nachweisen kann. Heft 50 stellte zugleich auch die erste Geschichte dar, in der Peter vorübergehend sein Kostüm an den Nagel hing - aber natürlich war am Ende sein Verantwortungsgefühl stärker als sein Wunsch nach einem "normalen Leben".
In der Zwischenzeit hatte es auch in Peters privatem Umfeld zahlreiche Veränderungen gegeben: So besaß er seit Heft 41 ein Motorrad, zwischen Mary Jane und Gwen Stacy war eine (freundschaftliche) Rivalität um Peters Gunst entstanden, und Flash Thompson war in Heft 43 zur Armee einberufen worden und ging nach einer Abschiedsfeier in Heft 47 nach Vietnam. Peter selbst wiederum lebte ab Heft 46 nicht länger bei seiner Tante, sondern teilte sich nunmehr mit seinem Freund Harry Osborn eine Wohnung.
Ein weiteres Novum stellte Heft 51 dar: Hatte schon Ditko damit begonnen, vereinzelt dunkelhäutige Menschen in seinen Geschichten auftreten zu lassen, was zur damaligen Zeit alles andere als selbstverständlich war, wurde hier nun die - nach dem von den Fantastischen Vier bekannten Black Panther - zweite wiederkehrende Figur mit dunkler Hautfarbe eingeführt: Die Rede ist von Joe "Robbie" Robertson, dem Chefredakteur des Daily Bugle, dessen eher bedächtige Art ein willkommenes Gegengewicht zum cholerischen Zigarren-Jonah darstellte.

Vaterfigur

Im Verlauf der nächsten Ausgaben verlor Peter wähernd eines Kampfes mit Dr. Octopus vorübergehend das Gedächtnis, während Tante May aus Sorge um ihren Neffen (wieder mal) einen Herzanfall erlitt. Und ganz nebenbei wurde in Heft 56 eine neue Figur eingeführt: Der pensionierte Polizei-Captain George Stacy, der Vater von Gwen, die inzwischen anscheinend das Rennen um Peters Gunst gewonnen hatte, während die lebensfrohe Mary Jane, die sich nicht binden wollte, mit Harry Osborn vorlieb nahm.
Doch auch diese Beziehung war für Peter nicht frei von Problemen, da eines seiner Fotos Captain Stacy in Verruf brachte - ironischerweise war es später Spider-Man, der seine Unschuld beweisen sollte.
Captain Stacy gehörte auch zu den wenigen Leuten bei der Polizei, die Spider-Man nicht von vornherein verurteilten, statt dessen war er immer bemüht, das Gesamtbild zu sehen. Er sollte sich bald zu einem wertvollen Verbündeten entwickeln, einer der wenigen, denen Spidey bedingungslos vertrauen konnte.

Apropos... wie war das jetzt eigentlich mit Peters Eltern?

Im von Stan Lees Bruder Larry Lieber gezeichneten "Amazing Spider-Man Annual" #5 von 1968 wurde eines der bis dahin größten Rätsel gelüftet: Peter erfuhr endlich die Hintergründe des rätselhaften Todes seiner Eltern. Sah es anfangs so aus, als seien Richard und Mary Parker Spione gewesen, die ihr Land verraten hatten, erfuhr Peter nach einem Abstecher nach Algerien und einer Begegnung mit Captain Americas Erzfeind, dem Red Skull, schließlich, daß seine Eltern in Wahrheit Doppelagenten gewesen waren, die im Auftrag der amerikanischen Regierung den Red Skull ausspioniert hatten und daraufhin von ihm ermordet worden waren. Erleichtert über diese Enthüllung, konnte Peter endlich den Tod seiner Eltern akzeptieren.

So alt... und kein bißchen weise

Neben der Rückkehr des ursprünglichen Geiers und den "üblichen Verdächtigen" Mysterio, Kingpin, Shocker, der Echse und sogar dem von den X-Men und den Rächern bekannten Mutanten Quicksilver warteten die nächsten Ausgaben mit einer weiteren interessanten Figur auf: Nachdem schon der Geier bewiesen hatte, daß alte Leute nicht zwangsläufig auf die Figur des "lieben Opas" oder des "irren Wissenschaftlers" beschränkt sein müssen, durfte mit Silvermane ein Mann fortgeschrittenen Alters sogar zum Boß der Verbrecherorganisation Maggia (Marvels Version der Mafia) werden. Sein Ziel war es, die "Tafel der Ewigen Jugend" zu finden, was ihm auch gelang. Leider unterschätzte er die Wirkung, und statt wieder zu einem jungen Mann zu werden, wie er es erhofft hatte, verwandelte er sich in ein Kind zurück und verschwand schließlich (scheinbar) im Nichts. Doch wie schon so oft, sollte auch dieses "endgültige" Ende nicht von Dauer sein...

Man on the prowl

Die Hefte 78 und 79 enthielten die ersten Auftritte des Prowler, der sich ebenfalls wohltuend von den üblichen Klischees abhob: Nicht nur, daß Hobie Brown ein Schwarzer war, er war auch kein Verbrecher in dem Sinne. Seine Verbrechen beging er aus akuter Geldnot, nicht aus purer Bosheit, und sein Plan sah es eigentlich vor, daß der Prowler von seinem anderen Ich "überwältigt" wird, so daß Hobie letztendlich als Held dasteht. Nachdem Spider-Man dies erkannt hatte, beschloß er, Hobie laufen zu lassen, da er sich selbst in ihm wiedererkannte und ihm eine zweite Chance geben wollte. Sowohl als Hobie als auch als Prowler sollte er später zu einem wertvollen Verbündeten des Netzschwingers werden.

Nicht nur erstaunlich... sondern sogar spektakulär!

1968 entschloß man sich, es mit einem zweiten Standbein zu versuchen, um die Popularität des Wandkrabblers auszunutzen. Doch das überformatige Schwarzweißmagazin "The Spectacular Spider-Man", dessen zweite Ausgabe (die auch wieder koloriert war) immerhin die spektakuläre Rückkehr des Grünen Kobolds (die schon in den vorangegangenen Ausgaben von "Amazing" angedeutet worden war) sowie einen beeindruckenden Kampf mit Spider-Man enthielt (am Ende "vergaß" Norman natürlich wieder alles über seine und damit auch Peters Doppelidentität), wurde aufgrund des ungewöhnlichen Formats von den Kiosken an den unmöglichsten Stellen plaziert, nur nicht bei den Comics, wo es hingehörte, und dementsprechend fielen auch die Verkaufszahlen aus. Somit war die zweite Ausgabe auch gleichzeitig schon wieder die letzte.

Beinahe verplappert

Das Jahr 1970 sah die Rückkehr von alten Bekannten wie dem Chamäleon, Electro und dem Kingpin, aber auch die ersten Auftritte von neuen Gegner wie dem (eher unspektakulären) Känguruh und dem Schemer, der es sich zum Ziel gesetzt hatte, den Kingpin zu Fall zu bringen. In Heft 85 entpuppte er sich als Richard Fisk, Kingpins Sohn, der in den folgenden Jahren noch ganz andere Identitäten annehmen sollte. Nebenbei hatte übrigens Tante May ihren neuesten Anfall.
Heft 86 enthielt einen Gastauftritt der ursprünglich als Gegnerin Iron Mans bekannt gewordenen Black Widow, ein weiterer Schritt auf ihrem Weg zur Superheldin. In der folgenden Ausgabe enthüllte Peter im Fieberwahn vor seinen Freunden versehentlich seine Geheimidentität. Erst mit Hilfe von Hobie Brown, der kurzfristig ins Spinnen-Kostüm schlüpfte, konnte er "beweisen", daß alles nur ein "Mißverständnis" war. Bei der Gelegenheit wurden auch deutliche Hinweise gelegt, daß George Stacy von Peters Doppelleben wußte, es jedoch aus Respekt vor seinen Taten und Rücksicht auf Gwen für sich behielt.

Spider-Man ist ein Mörder!

Das Ganze sollte sich schon bald zur Tragödie entwickeln, als Captain Stacy in Heft 90 während eines Kampfes zwischen Spider-Man und Dr. Octopus bei dem Versuch, einen kleinen Jungen vor herabfallenden Trümmern zu retten, ums Leben kam. Die Öffentlichkeit gab Spider-Man die Schuld, und auch Peter selbst machte sich - nicht ganz ohne Grund - schwere Vorwürfe. Mit seinen letzten Atemzügen hatte Stacy Peter zu erkennen gegeben, daß er über sein Geheimnis informiert war, und nahm ihm das Versprechen ab, auf Gwen aufzupassen.

Wir kiffen, wir kiffen, wir kiffen

Für großes Aufsehen sorgten kurz darauf die von dem durch seine Arbeiten für DCs "Green Lantern" bekannt gewordenen Gil Kane gezeichneten Hefte 96 bis 98, in denen einmal mehr der Grüne Kobold zurückkehren durfte. Das Besondere war jedoch diesmal die Nebenhandlung: Das "Office of Health, Education and Welfare" (die amerikanische Entsprechung unter anderem des Gesundheitsministeriums) hatte Stan Lee gebeten, eine Geschichte herauszubringen, die Jugendliche auf die Gefahren des Drogenkonsums hinweisen sollte. So schrieb Lee eine Nebenhandlung, die davon erzählte, wie Harry Osborn aus Verzweiflung über die Trennung von Mary Jane von nicht näher bezeichneten Pillen abhängig wurde. Am Ende verlor Norman Osborn, entsetzt über den Zustand seines Sohnes, einmal mehr seine Erinnerung an sein schurkisches Doppelleben.
Doch die Comics Code Authority, eine Art Kontrollbehörde der amerikanischen Comics, weigerte sich, die Geschichte zu genehmigen, da die Darstellung von Drogenkonsum laut den CCA-Richtlinien verboten war, selbst als Lee darauf hinwies, daß er die Geschichte auf die direkte Bitte der Gesundheitsbehörde hin geschrieben hatte.
Als Lee klar wurde, daß die CCA die Geschichte unter keinen Umständen akzeptieren würde, wagte er einen Schritt, zu dem sich in den letzten siebzehn Jahren niemand vor ihm getraut hatte: "The Amazing Spider-Man" #96-98 erschienen ganz einfach ohne das Prüfsiegel der CCA. Marvel ging damit ein enormes Risiko ein, da es sehr gut möglich war, daß die Vertriebsfirmen das Heft ohne das Siegel nicht akzeptieren würden. Doch das Heft gelangte trotzdem an die Zeitungskioske, und in der Folge lockerte die CCA schließlich ihre Richtlinien in einigen Punkten.

Peter, der Freak

Für die Jubiläumsnummer 100 hatten sich Lee und Romita etwas Besonderes einfallen lassen: Einmal mehr frustriert über sein Leben als Spider-Man, mischte sich Peter ein Serum, das ihn ein für allemal von seinen Spinnenkräften erlösen sollte. Doch der Schuß ging nach hinten los, und Peter wuchsen vier zusätzliche Arme, wodurch er noch spinnenähnlicher wurde.
Nachdem er Peter in diese Lage gebracht hatte, überließ es Lee Autor Roy Thomas und Zeichner Gil Kane, ihn wieder daraus zu befreien. Doch zunächst nutzten die beiden die Lockerungen des Comics Code, um eine Figur einzuführen, die noch kurz zuvor kaum möglich gewesen wäre: In Heft 101 debütierte der Wissenschaftler Michael Morbius, der an einer seltenen Blutkrankheit litt und bei dem Versuch, ein Heilmittel zu finden, in einen Vampir verwandelt wurde.
Derweil wandte sich Peter wieder mal an Curt Connors, der ihm dabei helfen sollte, seine zusätzlichen Arme wieder loszuwerden. Als Folge durfte er sich nun mit Morbius und der Echse herumschlagen, doch immerhin konnte Connors schließlich mit einer Blutprobe von Morbius Peters überflüssige Arme wieder entfernen.

Er kann's nicht lassen

Nach nur vier Ausgaben unter Thomas kehrte Stan Lee noch einmal zurück und warf nach einem Dreiteiler um Spencer Smythe und seine "Spider-Slayers" in "Amazing" #108 und 109 einen ganz neuen Blick auf den einstigen Rabauken Flash Thompson: Dieser hatte während seiner Zeit in Vietnam die Unmenschlichkeit des eigenen Militärs miterleben müssen und war Zeuge geworden, wie ein Tempel, dessen Mönche ihn nach einer Verletzung gesundgepflegt hatten, kurzerhand ausgebombt worden war. Damit trug Marvel, im Gegensatz zu früheren, eher propagandistisch angehauchten Geschichten, den mittlerweile nicht selten regierungskritischen Stimmen innerhalb der Leserschaft Rechnung.
Der von seinen Kriegserlebnissen traumatisierte Flash wurde aus dem Wehrdienst entlassen und entwickelte sich schließlich sogar zu einem von Peters besten Freunden (was spätere Autoren allerdings nicht daran hindern sollte, diese Entwicklung wieder rückgängig zu machen).
Gemeinsam mit Lee kehrte auch John Romita noch mal zurück, aber die Bildhintergründe wurden immer häufiger von Assistenten gezeichnet.


Special vom: 23.05.2002
Autor dieses Specials: Torsten B Abel
Die weiteren Unterseiten dieses Specials:
Kapitel 1 - Lee & Ditko: Meister ihres Fachs
Kapitel 3 - Die Conway-Ära
Kapitel 4 - Bewegte Jahre
Kapitel 5 - Die frühen Achtziger
Kapitel 6 - Die Venom-Ära
Kapitel 7 - Von Variant-Covern und falschen Eltern
Kapitel 8 - Die Spinne und der Klon
Kapitel 9 - Back to basics
Kapitel 10 - Die Retro-Ära
Spider-Man in Deutschland
Der multimediale Spider-Man
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