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Alle Wege führen nach „Sin City“ – Ein Gespräch mit Frank Miller

Frank_Miller.jpg"Ich wollte diese Geschichte machen, seit ich 14 Jahre alt war."
Alle Wege führen nach "Sin City" - Ein Gespräch mit Frank Miller

In einem Ihrer ersten "Daredevil"-Heften prügeln sich Daredevil und der Schurke Bullseye durch ein Kino, während auf der Leinwand "Der Malteser Falke" läuft. War dies eine Art künstlerisches Statement?

Na ja, damals war ich ziemlich jung. Bevor ich Profi wurde, habe ich ausschließlich Krimi-Comics gemacht. Sie waren stark vom "Film Noir" und von den typischen, amerikanischen "Hard Boiled"-Kriminalromanen beeinflusst. Ich lese auch heute noch sehr gerne die Romane von Raymond Chandler, Dashiell Hammett und Mickey Spillane und ich liebe die Arbeiten von Jim Thompson und Charles Willeford. Von den neuen "harten" Autoren schätze ich Andrew Vachss sehr.

Wie gestaltete sich der Beginn Ihrer Karriere?

Bevor ich selber Zeichner wurde, hatte ich jahrelang keine Comics mehr gelesen. Blöd wie ich war, kam ich nach New York und wollte Krimi-Comics machen. Aber es gab keine! Also zeichnete ich zunächst für Anthologien wie "Twilight Zone" und "Weird War Tales", damit ich überhaupt Arbeit hatte. Darüber bekam ich Aufträge für andere Hefte, und das waren dann überwiegend Superhelden. Als ersten regulären Job, übernahm ich schließlich "Daredevil", weil ich dachte, ich könnte diese Serie am ehesten in einen Krimi verwandeln. Als äußeres Zeichen dafür begann ich immer mehr Referenzen an die Sachen einzubauen, die ich selber liebte.

sincity.gifStimmt es, dass Sie lieber "Spider-Man" gezeichnet hätten?

Ach, ich hätte alles gezeichnet. Ich hatte Hunger. Aber es verhielt sich folgendermaßen: "Daredevil" war auf dem absteigenden Ast, die Verkäufe waren so niedrig, dass die Serie auf zweimonatliches Erscheinen umgestellt wurde. Der langjährige Zeichner der Serie, Gene Colan, hatte die Lust verloren und ich hatte mich durch zwei kleinere Jobs bei "Peter Parker, The Spectacular Spider-Man" und "Captain America" beliebt gemacht. Ich war einfach zur rechten Zeit am richtigen Ort. Ich konnte also nur gewinnen. Etwas ähnliches ist ja dann Jahre später bei "Batman" passiert.

Nach nur wenigen Monaten wurden Sie bei "Daredevil" Autor und Zeichner in Personalunion. Für die amerikanische Comic-Szene ist dies doch eher ungewöhnlich?

Stimmt. In den 1940er Jahren wurden die amerikanischen Comics zunehmend kommerzialisiert und zu einer echten Industrie - eben auch mit industriellen Fertigungsmethoden. In diesem Zuge wurde die Arbeit aufgeteilt in Autor, Bleistiftzeichner, Tuscher, Kolorist und Letterer. Dieses industrielle System ist auch heute noch üblich. Ich hatte natürlich auch Glück, dass die Verkäufe derart anstiegen, dass aus "Daredevil" wieder eine profitable Serie wurde. Aber ich verrate Ihnen mal was über das amerikanische Verlagssystem: Die ganze Zeit über, auch als "Daredevil" erfolgreicher war als die "X-Men", wusste ich genau: Wenn der Schwager des Chefredakteurs einen neuen Job sucht, bin ich meinen noch im selben Monat los.
Anfang der 1980er Jahre fielen mir dann die europäischen und japanischen Comics in die Hände, bei denen diese Arbeitsteilung nicht üblich war. Sachen wie "Corto Maltese" oder "Lone Wolf and Cup" haben mich einfach weggeblasen. So kam ich dazu, meine eigenen Storys auch zu zeichnen.

War die Figur der Elektra aus "Daredevil" schon von diesen Comics beeinflusst?

Nein, nicht direkt. Ich hatte bereits in früheren, nicht professionellen Arbeiten mit einer Profikillerin gleichen Namens gespielt.

Ihre Bewunderung für Will Eisner ist sehr deutlich zu erkennen…

Natürlich. Für die erste "Elektra"-Geschichte habe ich gnadenlos bei der "Sand Saref"-Story aus dem "Spirit" geklaut. Und dann habe ich ja auch öfter die Eisner-typischen Bogenlampen eingebaut!

Oder gleich ganze Plakatwände mit "Spirit"-Werbung.

(lacht) Eisner ist der Meister.

SinCity_Nancy.gifObwohl die "Elektra"-Story nach nur 14 Heften mit Elektras Tod ihr Ende fand, hatte die Geschichte einen großen Einfluss auf die Serie.

Ich habe sie geschaffen, ich konnte sie auch zerstören (lacht). Im Ernst: Ich dachte mir, dass es einen viel größeren Effekt auf die Leser hat, wenn ich eine Figur erschaffe, sie langsam aufbaue und dann töte. Und ich sollte Recht behalten: Die Reaktionen auf Elektras Tod waren überwältigend.

Warum wurde Elektra bisher eigentlich nicht wiederbelebt? Bei den "X-Men" ist das doch gang und gäbe.

Weil Elektra tot ist, so lange ich nichts anderes sage. Ich habe eine Abmachung mit dem Verlag Marvel, dass niemand außer mir "Elektra"-Geschichten schreiben darf. Und wenn Elektra wirklich irgendwo auftauchen sollte, dann ist sie der böse Zwillingsschwesterroboter aus einem Paralleluniversum. (Anmerkung: Diese Abmachung wurde nur sechs Monate nach diesem Interview von Marvel gebrochen. Frank Miller was not amused.)

Sie mussten weiterhin mit Figuren arbeiten, die nicht Ihre eigenen Schöpfungen waren. War die Miniserie "Ronin" deshalb der nächste logische Schritt?

Sicher, "Ronin" war ein Buch, dass Türen eingetreten und mich von meinen Fesseln befreit hat. Plötzlich war alles möglich. Und ich konnte all meine neuen Einflüsse, die europäischen und japanischen, verarbeiten.

sincity4.jpgEs gibt am Ende dieses Faltblatt, das förmlich aus dem Buch herausfällt…

Exakt! Diese Seite zu sprengen war ein Teil meiner Befreiung. Es war, als wäre ich plötzlich ein Marathonläufer, nachdem ich vorher nur Kurzstrecken gelaufen bin. Ich glaube, es gibt im Comic viel Raum für solche Späße, es gibt keine Grenzen, an die wir Künstler uns halten müssen. Der andere Effekt ist, dass ich heute viel kontrollierter arbeite, lieber innerhalb der Seite bleibe, weil der Leser vergessen soll, dass er ein Buch liest.

Ich habe gelesen, dass Sie und Steve Gerber, der Autor von "Howard The Duck", ein Konzept entwickelt hatten, um die drei Hauptfiguren des Verlages DC, Superman, Batman und Wonder Woman zu modernisieren. Warum wurde daraus nichts?

Das lag wohl zum Teil an gesundheitlichen Problemen, mit denen Steve sich herumgeschlagen hat, aber bei DC war man auch nicht gerade begeistert von der Idee, dass zwei dahergelaufene Freelancer mit ihrem Spielzeug spielen wollten. Aber eigentlich möchte ich über dieses Thema nicht reden.

Gut, nur noch eine Nachfrage: Haben Sie Teile dieses Konzepts für "The Dark Knight Returns" verwendet?

Ja. Mein Batman war härter, klüger, mehr Detektiv als Superheld. Auch der weibliche Robin tauchte in diesem Konzept bereits auf.

Dies ist ungefähr die Hälfte des Interviews. Ihr wollt das Interview weiter lesen? Dann kauft Euch Band 2 der Neu-Edition!

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Special vom: 07.03.2005
Autor dieses Specials: Lutz Göllner
Die weiteren Unterseiten dieses Specials:
Millers Zeit vor Sin City
Der Sündenfall - Sin City kommt
Bibliografie von Frank Miller
Frank Millers Arbeit an Sin City
Leseproben
Die Cover der Neu-Edition von Cross Cult
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