Comic-Besprechung - Die Entdeckung der Currywurst

Die Entdeckung der Currywurst

Autorin: Isabel Kreitz (nach einem Roman von Uwe Timm)

Zeichnerin: Isabel Kreitz

Der vorliegende Band erzählt vordergründig über die „Entdeckung” der Currywurst (die man ansonsten oft eher nach Berlin verorten würde), in der Hauptsache wird jedoch über die letzten Kriegstage und -wochen im bombardierten Hamburg berichtet, über Deserteure und Blockwarte und den Versuch der Zivilbevölkerung, den Wahnsinn des Krieges zu überleben.

Dies ist nun das dritte Mal, dass diese „Graphic Novel” nach einem Roman von Uwe Timm in Deutschland veröffentlicht wird. Nach der Originalveröffentlichung bei Carlsen im Jahr 1996, die dankenswerterweise noch im großen Albenformat erfolgte, legte Carlsen selbst den inzwischen vergriffenen Band dann 2005 im kleineren Format neu auf. Die vorliegende Neuausgabe durch Reprodukt macht diesen Band, der sicherlich zu den modernen Klassikern des deutschsprachigen Comic gezählt werden darf, wieder zugänglich — ebenfalls im Kleinformat und in Hardcover, ergänzte um den sehr informativen Bonusteil von Frank Giese, der die Kriegsereignisse noch einmal sehr detailliert aufarbeitet und auch mit Bildmaterial belegt und verdeutlicht. Das Kleinformat wird den doch sehr detailreichen Zeichnungen Isabel Kreitz` nicht immer gerecht, doch insgesamt wirkt das Buch mit seinen zur Szenerie und der Geschichte passenden Schwarz-Weiß-Zeichnungen sehr gelungen und ist trotz der Verkleinerung noch recht gut lesbar.

Die Geschichte selbst ist in eine kleine Rahmenhandlung eingebettet, die erklärt, wie der Erzähler eher spielerisch über eine Reflexion seiner Kindheitserinnerungen dazu kommt, eine alte Kriegsüberlebende aus dem Stadtviertel seiner Kindertage zu befragen — und wie sich dies dann eher überraschend zu einer Kriegserzählung ausweitet. Dabei ist dies keiner der aktuell üblichen Kriegscomics, wie sie derzeit zu Dutzenden bei anderen Verlagen veröffentlicht werden. Kreitz und Timm verzichten hier völlig auf die Darstellung von Kriegshandlungen, selbst die Bombardements Hamburgs werden nur aus Sicht der Bevölkerung geschildert, die in Bunkern sitzend dies alles passiv erdulden müssen. Aber ein bisschen schafft diese Darstellungsweise auch eine Distanz des Lesers zur tatsächlichen Tragödie, zwar sind die Straßen und Häuserzüge als in Schutt und Asche gelegt dargestellt, aber das kommt (vielleicht nur für den heutigen Geschmack?) ein wenig zu „clean” herüber, das Alltagsleid wird allzu einfach mit schlauen Ideen und gewieftem Unternehmertum geglättet — und so können dann auch, aus meiner Sicht, die Zeichnungen auf den Betrachter wirken, wenn am Ende der kurzen Geschichte alles ein bisschen zu schnell und zu glatt geht. Das lag vermutlich bereits in der erzählerischen Intention Uwe Timms begründet (ich kenne den Roman leider nicht), und wird ja auch durch die angehängte Dokumentation wieder relativiert und ins richtige Bild gerückt — aber dieser etwas „unrunde” weil zu glatte Eindruck blieb bei mir nach der Lektüre zurück. Nichts desto trotz hat mich die Erzählung sehr beeindruckt, sie ist informativ und durchaus packend, und weiß mit einer gewissen Leichtigkeit die Schrecken des Krieges und des Kriegsendes zu erzählen — das ist auf jeden Fall mal eine Abwechslung zu der üblichen Literatur in diesem Genre, die oft sehr schnell in „erzieherische” Sphären abdriften kann und dann zur „Bildungsliteratur” mutiert.

Ich kann dieses Buch ehrlich weiterempfehlen, es ist in der Tat ein moderner Klassiker.

Insgesamt eine kurzweilige und interessante Erzählung, mit passenden und detailreichen schwarz-weiß-Zeichnungen — denen allerdings das Kleinformat ein wenig Unrecht tut.