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Comic-Besprechung - Africa Dreams

Geschichten:
Africa Dreams
Autor: Maryse Charles, Jean-Francois Charles, Zeichner / Colorist: Fredéric Bihel


Story:
Paul Delisle ist ein junger Seminarist, der sein Gelübde noch nicht abgelegt hat. Ende des 19. Jahrhunderts reist er in den Kongo, um seinen Vater zu finden, der vor vielen Jahren Belgien mit Schimpf und Schande verlassen musste. Im Kongo wird Paul Zeuge der brutalen Herrschaft der Kolonialisten. Zwar beschliesst er in dem Land zu bleiben, aber er sieht die Lage zunehmend kritisch. Auch anderweitig regt sich Widerstand gegen die Gewaltherrschaft der Belgier. Der König Leopold II. startet eine Medienkampagne, um seine Gegner mundtot zu machen.


Dieser Comic wurde mit dem Splash-Hit ausgezeichnet Meinung:
Wie schon in vorhergehenden Bänden des Paares Maryse und Jean-Francois Charles wie India Dreams und War and Dreams  behandelt der aktuelle Band Africa Dreams die Konfrontation zwischen Träumen und Realität. Es ist also absolut kein Zufall, dass jede der Serien, welche jeweils vom Splitter Verlag in einem voluminösen Band zusammengefasst worden waren, den „Traum“ im Titel trägt. Und als Zusatz den jeweiligen Handlungsort.

Der Konflikt zwischen Traum und Realität ist nicht nur historisch begründet wenn die fiktiven Charaktere an der Realität zerbrechen, sondern auch die Leserinnen und die Leser müssen so manch bittere Pille schlucken, weil ihr Traum gestört wird.  So zeigt der Titel Africa Dreams Afrika als Sehnsuchtsort auf. Als ein Schauplatz für Abenteuer: gefährliche Flora und Fauna, feindliche Stämme, versunkene Städte, schöne Landschaften, Exotik und Erotik, verborgene Schätze. Aber in dem Sehnsuchtsort wo man sich beweisen will, klingt immer auch der Kolonialismus mit. Sei es nun in positiver oder negativer Eigenschaft. Die Historie lässt sich auch in kultureller Hinsicht kaum verbergen und es ist sehr geschickt, wie hier mit den verschiedenen Ebenen gespielt wird. Denn das Abenteuer ist immer auch ein Hauch von Naivität, den Abenteurer zieht es von der Zivilisation fort, bringt diese aber mit sich, da er seinen Hintergrund, seine Zeit und deren Werte nicht verleugnen kann und sie zu fremden Orten transportiert. So sehr er sie auch hinter sich lassen will. So bleibt das Abenteuer immer ein Traum, der nie erfüllt werden kann. Deswegen träumt man sich als Leserin und Leser auch so gerne in fremde Welten, von denen die Fantasy die unverfänglichste ist. Der Hauptprotagonist in Africa Dreams reist in den Kongo, um dort seinen Vater zu suchen. Ähnlich wie dem Protagonisten in Joseph Conrads Herz der Finsternis, der hier oft und gerne zitiert wird, ist das eine Reise in die Abgründe der menschlichen Seele und der kolonialen Gewaltherrschaft Belgiens welche an Grausamkeit wohl kaum zu überbieten war. Schon in dem ersten Kapitel ist der Held zwar Afrika verfallen, legt aber sein Priestergewand ab, da er die Scheinheiligkeit und Heuchelei nicht ertragen kann. Er geht mit wachen Augen umher und sieht nicht nur die Kolonialromantik, sondern auch das Böse. Das unkritische wird hier in einer popkulturellen Referenz aufgegriffen wenn Tim und Struppi die historische Figur Lord Stanley interviewen. Tim im Kongo ist mittlerweile schließlich ein Paradebeispiel für das unreflektierte Verherrlichen des belgischen Kolonialismus. Aber nicht nur in dieser Referenz spielt das mediale Spiegeln der Kolonie eine Rolle, sondern auch der Kampf gegen und für die Kolonie wird zunehmend über die Medien ausgetragen.

Die Erzählung ist eine Mischung aus Fiktion und Realität.  Der Held wird als ein guter Kolonialist aufgebaut, der das Land nicht ausbeuten, sondern kultivieren will, die Einwohner schätzt und sich deren Kultur und Leben annähert und respektiert und keinem Rassismus anheimfällt. Andererseits wird die historische Realität dargestellt. Welche grausam war. Da der Kongo lange Zeit Privatbesitz von dem belgischen König Leopold II war, gab es keine Rechenschaftspflicht wie gegenüber einer Regierung. Stattdessen herrschte ein Raubtierkapitalismus in extremster Form vor, denn die Kolonie musste Gewinn erwirtschaften. Auf Kosten von Menschenleben. Leopold II wird oft als reines Monster gezeichnet. Auch hier. Wobei Anklänge an die Vielschichtigkeit aufscheinen. So hat er sein eigenes Land und die Einwohner wohl verachtet, modernisierte es aber. Zudem war er ein meisterhafter Manipulator und verstand es die Medien und Lobbyisten einzuspannen was auch ein Schlaglicht auf die modernen Zeiten wirft. Warum aber ausgerechnet seine Vorliebe für junge Frauen, was schon Anklänge an Pädophilie hat, hier aufgegriffen werden musste ist wohl weniger eine biographische Notwendigkeit, sondern dient der Dekonstruktion des Charakters da eine moralische Degeneration so noch verstärkt wird.

Aber auch in der Zeichnung des Königs wird die Komplexität deutlich und der schwierige Spagat zwischen Traum und Realität gelingt durchaus auf vielen verschiedenen Ebenen wobei die einzelnen Passagen wie etwa die fiktiven und historisch realen oft sehr getrennt voneinander sind und nicht immer ineinander spielen. Aber die spannende Geschichte wird durch die wunderschönen Zeichnungen noch verstärkt. Die in Aquarellen gemalten Splashpages lassen die Farben in den Hintergründen bewusst etwas zerlaufen was eine wunderbare Lösung darstellt die Hitze zu vermitteln, da es einen flimmernden Eindruck hinterlässt. Ein Band der noch lange nachhallt.


Fazit:
Ein geschicktes Spiel mit verschiedenen Ebenen. Fiktion und historische Realität gehen hier eine Symbiose ein und lassen Träume mit der Realität kollidieren und geben auch viele Verweise auf immer noch aktuelle Themen. Ein Band der noch lange nachhallt.


Africa Dreams - Klickt hier für die große Abbildung zur Rezension

Africa Dreams

Autor der Besprechung:
Jons Marek Schiemann

Verlag:
Splitter

Preis:
€ 36

ISBN 10:
3962191909

ISBN 13:
978-3962191900

200 Seiten

Bewertungen unserer Redaktion und unserer Leser

Positiv aufgefallen
  • Kontrast Traum und Realität auf unterschiedlichen Ebenen
  • Zeichnungen
  • Spannung und Drama
  • interessante historische Aspekte
Negativ aufgefallen
  • Ebenen gehen nicht immer harmonisch ineinander über
Die Bewertung unserer Leser für diesen Comic
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Rezension vom: 16.06.2019
Kategorie: Alben
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