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Comic-Besprechung - Berlin 3 – Flirrende Stadt

Geschichten:
Text und Zeichnungen: Jason Lutes

Story:
Berlin in den sogenannten „wilden 20er-Jahren“. Aus den Lautsprechern dröhnen saftige Schlager. Rauschende Feste und bittere Armut existierenden in der pulsierenden Metropole direkt nebeneinander. Jason Lutes schildert in dem abschließenden Band seiner Serie das Ende der Weimarer Republik. Kurt Severing, der Journalist aus den ersten beiden Teilen der Trilogie, ist resigniert abgerutscht. Alkohol ist zu seinem Leitmotiv geworden. Silvia Braun dagegen nimmt den Kampf gegen die Nationalsozialisten auf den Straßen der Hauptstadt an. Während die Juden in Berlin, wie beispielsweise David Schwartz, merken, dass der Wind sich dreht und ihnen immer stärker ins Gesicht weht. Und Adolf Hitler stattet höchstpersönlich Berlin einen Besuch ab, um dafür zu sorgen, dass die Hauptstadt auf den Kurs der Bewegung einschwenkt. Ein Hexenkessel, aus dem nur die Flucht bleibt.



Meinung:
2003 erschien der erste Band von Jason Lutes Berlin-Opus: „Berlin – Steinernde Stadt“. Es brauchte fünf Jahre, bis 2008 mit „Berlin – Bleiernde Stadt“ der zweite Teil auf Deutsch vorlag. Und nun, satte zahn Jahre später endlich Teil drei. Es gibt wohl kaum eine Serie, die ihre Leser dermaßen auf die Folter gespannt hat.
In wesentlichen Punkten macht Lutes genau da weiter, wo er mit den ersten beiden Teilen aufgehört hat. So sind zwar die Figuren fiktiv. Dennoch stellt Lutes an einigen Stellen Bezüge zu real existierenden Personen her. An manchen Stellen macht es die Logik der Geschichte notwendig (beispielsweise die Auftritte von Hitler und Goebbels), an anderen Stellen scheint es ihm aber auch einfach Spaß gemacht zu haben, mit historischen Realitäten zu arbeiten. 
Die Serie schildert die Situation in Berlin in den Jahre 1928 bis 1933 – wobei der vorliegende Band die letzten Wochen vor der Machtergreifung schildert. Dabei werden die politischen und gesellschaftlichen Entwicklungen aus ganz unterschiedlichen – und sehr persönlichen – Perspektiven nachgezeichnet. Allerdings, und hier könnte die Kritik an dem Band ansetzen, merkt man es der Geschichte an, dass Lutes unter dem Druck stand, nach rund 20 Jahren die Trilogie endlich zu einem Abschluss zu bringen. Ursprünglich waren 24 Teile geplant, wie Lutes gegenüber dem „Comicjournal“ seinerzeit äußerte. Und während die ersten beiden Bände auch noch jeweils acht Kapitel hatten, genügen dem amerikanischen Künstler im letzten Teil sechs Kapitel.
Das schlägt sich deutlich auf die Tiefe der Charaktere und des Plots nieder. Gerade in der Ausarbeitung der Lebensgeschichten hatte Lutes sehr viel Arbeit verwendet. In dem letzten Band gewinnt der Leser den Eindruck, er wird etwas durch die Verwicklungen gehetzt. Das erinnert ein bisschen an einen Theaterregisseur, der nach zwei Stunden Hamlet-Aufführung seine Schauspieler zu schnellerem Spielen animiert, weil er keine Lust mehr hat und lieber nach Hause möchte.
Dennoch ist „Berlin – Flirrende Stadt“ ein über alle Maßen lohnender Band. Lutes, der neben amerikanischen Supercomics vor allem von Hergés „Tim und Struppi“ beeinflusst wurde, frönt seiner Liebe zur „Ligne claire“. Sein Artwork kommt vor allem dann voll zur Geltung, wenn er seine Geschichte ohne Text vorantreibt. Kurt Severing, wie er seine Bude betritt, Hut aufs Bett werfend und erstmal einen Drink. Grandiose Bilder voller Emotionen. Lutes schwarz-weiße Kunst braucht den Vergleich mit Frans Masereels „Mein Stundenbuch“ nirgends zu scheuen. Immerhin hatte der das Werk des belgischen Künstlers im ersten Teil auch fest in seine Berlin-Geschichte eingebaut. 
Auch wenn den Figuren im dritten Teil der Saga an der einen oder anderen Stelle etwas die Luft auszugehen scheint, ist es dennoch ganz große Erzählkunst, wie Lutes die resignierende Situation seiner Protagonisten wiedergibt. Es wird deutlich, dass es völlig egal ist, ob jemand politisch aktiv war oder sich völlig zurückgezogen hat, alle handelnden Personen spüren instinktiv, dass sich ihr Leben in den kommenden Monaten von Grund auf ändern wird. Sie wissen nicht was auf sie zukommt. Aber dennoch spürt der Leser in jedem Panel die Angst vor der Zukunft. 
Bleibt noch anzumerken, dass Dank der Mitarbeit von Lutz Göllner, den Menschen wieder die passende Berliner-Schnauze in den Mund gelegt wird. Das ist sehr authentisch.


Fazit:
Endlich hat es Lutes geschafft, seine Berlin-Trilogie zu einem Ende zu führen. In der Ausarbeitung der Personen hat er vielleicht nicht die Sorgfalt walten lassen, wie in den ersten beiden Teilen und es fehlen auch ein paar kulturelle Anspielungen, unterm Strich bleibt aber ein schöner Abschlussband. Empfohlen für Geschichtsinteressierte, Schulklassen und Fand von hoher Zeichenkunst.



Berlin 3 – Flirrende Stadt - Klickt hier für die große Abbildung zur Rezension

Berlin 3 – Flirrende Stadt

Autor der Besprechung:
Bernd Hinrichs

Verlag:
Carlsen

Preis:
€ 14

ISBN 13:
978-3-551-76677-9

175 Seiten

Bewertungen unserer Redaktion und unserer Leser

Positiv aufgefallen
  • Schwarz-weiß Kunst
  • Authentische Erzählung
  • Abschlussband!!
Negativ aufgefallen
  • Figuren dünner als in den ersten beiden Teilen
Die Bewertung unserer Leser für diesen Comic
Bewertung:
1
(1 Stimme)
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Rezension vom: 14.09.2018
Kategorie: Alben
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