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Comic-Besprechung - Grandville 4: Noel

Geschichten:
Grandville 4: Noel
Autor, Zeichner: Bryan Talbot, Colorist: Jordan Smith, Jesse Kindzierski, Chrissie Harper


Story:
Detective Inspector Le Brock ist nicht gerade in Festtagsstimmung. Weihnachten steht vor der Tür, aber die umwälzenden politischen Ereignisse der letzten Monate haben auch den wehrhaften Dachs betroffen. Als er erfährt, dass sich eine  junge Verwandte seiner Wirtin in den Fängen einer Sekte befindet, reist Le Brock kurzentschlossen nach Grandville, um den Teenager zu befreien. Außerdem kann er so seine geliebte Billie wiedersehen. Aber er ahnt nicht, dass er sich damit in einen tödlichen Strudel aus Religion, Politik, Rassismus, Faschismus, Bandenkriminalität und Terrorismus begibt.


Meinung:
Der vierte Band von der hervorragenden Serie Grandville aus der Feder des Engländers Bryan Talbot überrascht etwas mit seinem Titel. Noel ist nicht nur ein französischer Vorname, sondern auch die Bezeichnung für Weihnachten. Aber eine Person des Namens tritt hier nicht auf. Und Weihnachten hat hier keine besondere Bedeutung. Gut, die Geschichte spielt kurz vor dem Fest und die letzte, sehr bewegende, Szene spielt am Festtag. Aber deswegen gleich die ganze Geschichte so zu benennen?

Dabei ist das schon symptomatisch, denn beim längeren Nachdenken lässt die Story eigentlich keinen weiteren Titel zu. Es geht hier nicht um Friede, Freude, Weihnachtspunsch und wie man zu dem Fest der Liebe zu besseren Menschen, oder im Falle der Serie Grandville: zu besseren Tieren, wird, sondern wie die Religion gebraucht wird. Es wird an einer Stelle darauf hingewiesen, dass das Weihnachtsfest, wie wir es kennen, viele heidnische Gebräuche und Symbole verwendet und von der Kirche damals, um den Heiden die Konvertierung zum Christentum zu erleichtern, das Datum auf das Julfest gelegt worden ist.

Allein an dieser kleinen Sache kann man schon feststellen, dass dieser herausragende Band auf vielen Ebenen funktioniert. Zunächst kann man ihn natürlich als einen spannenden Krimi lesen mit viel Action und sehr bewegenden Momenten gerade was einige der Figuren betrifft. Aber gleichzeitig besinnt Talbot sich auf die klassischen Fabeln. Denn in den Fabeln etwa eines Äsop wurden Tiere vermenschlicht, um so etwas über die menschliche Natur auszusagen. Talbot macht das auch und die einzelnen Personen verhalten sich stellenweise auch ihrer Tierart entsprechend. Gleichzeitig wird also etwas verdeutlicht, aber andererseits auch Distanz geschaffen, um den Leser vor der harschen Kritik zu schützen. Denn Grandville: Noel ist eine starke politische Satire.

Dabei gibt es zwei Oberthemen die völlig überraschend sind. Zunächst geht es um eine Sekte und man fühlt sich zu Beginn etwa an das Massaker von Waco erinnert, aber der Übergang zur Politik und deutlichen Verweisen auf den Faschismus überrascht zunächst. Aber es zeigt nicht nur auf wie die Religion politisch instrumentalisiert werden kann, sondern auch wie sehr ein charismatischer Politiker als eine Erlösungsfigur erscheinen mag. Dabei ist der Schein alles und das Image und das Charisma verdeckt nur eine absolute moralische Verkommenheit und Hässlichkeit. In der Kraft der Verführung welcher die Menschen erliegen, sind Religion und Politik hier gleichgestellt. Zugleich nutzen die beiden unterschiedlichen Systeme die Sprache und die Symbolik des jeweils anderen und schaffen damit eine unheilige Allianz. Es macht den Band herausragend, dass diese wechselseitigen Verquickungen aufgezeigt werden.

Dabei erhebt Talbot keinen pädagogischen oder moralischen Zeigefinger, sondern lässt den Leser anhand der Story seine eigenen Schlüsse ziehen. Und glücklicherweise werden die persönlichen Schicksale der Charaktere nicht vergessen. Zudem ist die ganze Geschichte einfach hervorragend gezeichnet (wie kann man sonst einen Dachs so erotisch darstellen wie hier?) und es gibt immer wieder satirische Verwendungen von Werken der Kunstgeschichte. So wird Da Vincis Abendmahl einmal nachempfunden, eine Pieta dargestellt und auch ein Werk von Ingres zitiert. Auch hier gilt es also einiges zu entdecken und Talbot lässt es sich nicht nehmen einige kleine visuelle Gags einzubauen welches die düstere Story etwas auflockern. Als sich etwa der Held Le Brock und seine Billie küssen, fängt ein sie beobachtender Passant, ein Hund, zu hecheln an. Oder in einer Lagerhalle ist in einer Ecke der Kopf von Micky Maus zu sehen.

Und dabei hat man die Themen wie Rassismus und Terrorismus, und wie sie sich bedingen, noch gar nicht angesprochen. Es gibt so viele Ebenen, so viel zu entdecken, dass man sich bei jeder erneuten Lektüre auf einen anderen Punkt konzentrieren kann und so die Geschichte niemals langweilig wird. Trotz aller Themen, Details und Verweise wirkt das alles doch gar nicht überladen und das lässt diesen Band jetzt schon zu einem der besten Comics des Jahres werden.


Fazit:
Herausragend. Trotz vieler Themen, Verweisen, satirischen Seitenhieben, Zitaten und intelligenten Subtexten wirkt der hervorragende Band nie überfrachtet, sondern es werden die Story und die Charaktere nie aus den Augen verloren. Jetzt schon eines der besten Comics des Jahres.

Grandville 4: Noel - Klickt hier für die große Abbildung zur Rezension

Grandville 4: Noel

Autor der Besprechung:
Jons Marek Schiemann

Verlag:
Schreiber und Leser

Preis:
€ 24,80

ISBN 10:
3946337570

ISBN 13:
978-3946337577

104 Seiten

Bewertungen unserer Redaktion und unserer Leser

Positiv aufgefallen
  • Action und Dramatik
  • intelligente Subthemen
  • Zitate und Verweise
  • satirische Aspekte
  • Zeichnungeb
Negativ aufgefallen
Die Bewertung unserer Leser für diesen Comic
Bewertung:
1
(2 Stimmen)
Bewertung
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Rezension vom: 16.05.2018
Kategorie: Alben
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