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Comic-Besprechung - Klezmer 5: Tollhaus Kischinew

Geschichten:
Klezmer 5: Tollhaus Kischinew
Autor / Zeichner / Colorist: Joann Sfar


Story:
In Kischinew hat es ein brutales Pogrom gegen Juden gegenüber und die Bevölkerung zermartet sich den Kopf was sie unternehmen soll. Manche Juden lassen sich an der Waffe ausbilden und andere bervorzugen die Emigration. Einige machen sich in Begleitung eines Schriftstellers, der die Gräuel dokumentieren soll, auf den Weg nach Kischinew. Doch die Fahrt bringt nicht nur Zweifel an dem Vorhaben zu Tage, sondern birgt auch einige Gefahren.


Meinung:
Mit dem fünften Band liegt das Finale der Serie Klezmer vor. Wobei dieses schon recht überraschend ist. Nicht das die Serie überhaupt endet. Sondern vielmehr dahingehend, dass sich Sfar allen Konventionen, was ein Finale ausmacht, verweigert. So liegt hier kein richtiges Ende vor. Die persönlichen Konflikte der Figuren untereinander enden nicht mit einem Knall und das Schicksal nahezu aller Figuren bleibt offen. Insofern ist es kein Finale in dem Sinne einer schlüssigen dramaturgischen Auflösung, sondern eine Hängepartie. So beendet man den Comicanteil recht überrascht und gerade an der Stelle, wo der Band endet, erwartet man noch weiteres. Schließlich endet die Erzählung damit, dass die Protagonisten in einer Stadt anlangen, in der es ein Pogrom gegenüber Juden gegeben hat, welches sie dokumentieren wollen. Aber was das nun für persönliche Konsequenzen hat, wird ausgeklammert.

Hinweise darauf warum das Finale so ausgefallen ist wie es ist, liefert das Nachwort von Joann Sfar, welches einen sehr wütenden Tonfall hat. So ist es sehr erhellend zu lesen warum das Massaker von Sfar nicht gezeigt wird und worin die Intention der Serie Klezmer und die Aussage besteht. So fühlt sich der Zeichner nicht in der Lage, das Massaker zu beschreiben und auch in anderen Serien sieht er sich außerstande die Gewalttaten gegenüber den Juden, wie etwa den Holocaust zu zeigen. Stattdessen druckt er ein langes Gedicht eines Augenzeugen ab, welches seine Wirkung nun wahrlich nicht verfehlt.  Auch sonst ist das ungewöhnlich lange Nachwort sehr erhellend und bietet einen anderen Blick auf die Serie.

Denn schon der Titel der Serie, Klezmer, ist etwas verwirrend. Denn der Begriff bezeichnet ja die jüdische Musik. Doch diese wird meist zu Feierlichkeiten gespielt und grenzt sich bewusst von allen liturgischen Aspekten ab. Doch mit Musik verbinden sich auch eine Lebensfreude und eine Leichtigkeit, eine Feier des Lebens, die in der Serie so nicht zu finden ist. Natürlich sollte man das Leben immer feiern. Auch wenn es in Gefahr ist. Und vielleicht gerade dann besonders. Die Musik des Klezmer ist dann sowohl der Umgang mit der Situation als auch die Flucht davor. Also bildet sie den Kanal mit der Bedrückung fertig zu werden, eine Form der Katharsis.

All das trifft auch die Serie zu. Allerdings wird der Begriff „Klezmer“ erst seit den 1970ern mit der Musik gleichgesetzt. Vorher bezeichnete er schlicht die Musiker. Aus dem hebräischen übersetzt heißt Klezmer nämlich „Gefäß des Liedes“. Also stehen die Personen, die Menschen im Mittelpunkt der Serie, da sich eben dieser Aspekt als zentrales Element herausschält. Sfar huldigt den Mut der Bleibenden. Es wird denjenigen Juden gehuldigt, die nach dem Massaker nicht flohen, sondern trotz des Hasses und der Ignoranz blieben und damit großen Mut bewiesen. Tragischerweise sollten deren Nachkommen diesen bereuen, als die Nazis in die Gegend einfielen. Es gibt hier einige sehr erschütternde Szenen, aber auch einige sehr zärtliche und auch humoristische Elemente, wofür Sfar bekannt ist, dem es immer wieder gelingt alle Schattierungen des Lebens und der Menschen einzufangen. Die flirrenden Zeichnungen erschaffen eine unwirkliche Stimmung so dass man nicht immer weiß ob es ein Fiebertraum ist was man sieht oder es gerade wirklich geschieht. Was dann auch wieder der Gemütslage, dem unsicheren Status der Protagonisten entspricht und so bei den Lesern eine große Empathie herstellt. Und das ist wirklich meisterhaft gelungen.


Fazit:
Meisterhaft. In flirrenden Zeichnungen wird das unwirkliche und unsichere Gefühl angesichts der Gewalt beschworen und der Leser wird in die Emotionen der Charaktere gesogen.


Klezmer 5: Tollhaus Kischinew - Klickt hier für die große Abbildung zur Rezension

Klezmer 5: Tollhaus Kischinew

Autor der Besprechung:
Jons Marek Schiemann

Verlag:
Avant Verlag

Preis:
€ 19,95

ISBN 10:
3939080896

ISBN 13:
978-3939080893

128 Seiten

Bewertungen unserer Redaktion und unserer Leser

Positiv aufgefallen
  • Zeichnungen
  • Spiel mit Formen und Konventionen
  • erschütternde und bewegende Szenen
  • Dialog
Negativ aufgefallen
  • kein rundes Ende
Die Bewertung unserer Leser für diesen Comic
Bewertung:
1
(1 Stimme)
Bewertung
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Rezension vom: 17.03.2017
Kategorie: Klezmer
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