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Comic-Besprechung - Zorngebete
Geschichten:Zorngebete (Confidences à Allah)
Autor: Eddy Simon, Zeichner: Marie Avril, Übersetzung: Tanja Krämling
Story:
Saphia Azzeddine ist ein junges Mädchen, das in einem arabischen Dorf aufwäscht. Doch sie will sich nie unterordnen und träumt von der Freiheit. Dieses Ziel verfolgt sie mit allen Mitteln, die ihr als Frau zur Verfügung stehen.
Meinung:
"Zorngebete" war einer jener Romane, die für Aufsehen sorgen. Weil es ein Buch war, das gegen jede Menge Tabus verstieß und explizite Sexszenen beinhaltete. Das Thema war dabei das Leben einer arabischen Frau, die trotz aller Gegenstände versuchte ihren eigenen Weg zu gehen. Und dabei auch gleichzeitig ihren Glauben behielt.
Jetzt wurde die Geschichte von Eddy Simon und Marie Avril in Form eines Comicbalbums umgesetzt. Von beiden Beteiligten ist noch keine Geschichte hier in Deutschland herausgekommen. Marie Avril hat zum Beispiel "Gold of the Dead" gezeichnet, derweil Simon unter anderem "Rouge Karma" oder "Contes des Indes" geschrieben hat.
Saphia Azzeddine wächst in einem arabischen Dorf auf. Ihre Familie ist arm und um an Annehmlichkeiten, wie einen Granatapfeljogurt, zu kommen, gibt sie ihren Körper her. Ihr Leben ändert sich komplett, als von einem vorbeifahrenden Bus ein Koffer mit westlicher Kleidung fällt. Damit bricht sie in die Stadt auf, wo sie schon bald als Prostituierte ihr Geld verdient. Dabei hält sie stets Zwiegespräch mit Allah und verliert ihren Humor und ihr Selbstbewusstsein nicht.
Das Buch "Zorngebete" muss große Wellen geschlagen haben, als es das erste Mal herauskam. Das Comicalbum "Zorngebete" hingegen dürfte nicht so sehr einschlagen, auch wenn es natürlich dieselbe Story erzählt. Woran liegt das?
Sicher nicht an der Geschichte, die für Aufsehen sorgen dürfte. Und zwar egal, ob man sie jetzt in Form eines Romans oder eben in Form eines Comicalbums liest.
Man ist von Beginn an von der Persönlichkeit von Saphie fasziniert. Von ihrer Persönlichkeit und ihrer Art, mit allem umzugehen. Sie ist eine Frau, die selbstbewusst agiert und ihren eigenen Kopf hat. Sie bestimmt selber, was in ihrem Leben geschieht. Etwas, was in der westlichen Welt selbstverständlich ist. Aber eben nicht in der arabischen Welt, wo eben der Mann das Sagen hat und die Frau sich unterzuordnen hat.
Etwas, was Saphia nur unter Bedingungen tut. Und zwar ihren Bedingungen. Das zeigt schon die erste Szene, in der man sie kennenlernt. Sie hat Sex mit einem Hirten, und erhält dafür Annehmlichkeiten wie Jogurt und Kaugummi. Ein erster Vorgeschmack auf das, was einem in den nächsten Seiten erwartet. Man hat es mit einer Person zu tun, die Geschmack findet an den Annehmlichkeiten des Lebens. Und um diese zu erreichen, verkauft sie ihren Körper.
Natürlich ist dies skandalös, auch hier in der liberalen westlichen Welt. Doch im Kontext der Story passt es. Denn Saphia bleibt eben nichts anderes möglich. Die Welt, in der sie existiert, sieht für Frauen nur eine untergeordnete Rolle vor. Und so bleibt ihr, um quasi Erfüllung zu finden, nur der Ausweg in die Prostitution, auch wenn sie weiß, dass dies in ihrem Land verboten ist. Doch es kümmert sie nicht, da sie eben dafür Gegenwerte erhält, die ihr Leben und das ihrer Familie etwas leichter machen.
Gleichzeitig ist sie aber auch religiös. Und so ist "Zorngebete" keine wütende Abrechnung mit dem Islam. Vielmehr ist es ein ständiger Monolog, in dem Saphia mit Allah redet und ihre Motive ihm darlegt. Er ist quasi ihr engster Vertrauter. Jemand, mit dem sie quasi reden kann und ihre tief verborgenen Gefühle offenbaren kann.
Und ebenso ist dies auch ein Comicalbum, das lustige Momente hat. Denn Saphia hat eine spitze Zunge und erzählt Allah durchaus alles, was sie von ihren Mitmenschen erhält. Was nicht immer positiv ist und überspitzt dargestellt wird.
Allerdings wurde im Vergleich zur Vorlage die Geschichte etwas entschärft. Es gibt viele Sexszenen, die in der Vorlage deutlich schärfer formuliert wurden. Hier, bei der graphischen Umsetzung wurde darauf verzichtet. Vieles wird nur angedeutet, was doch schade ist, da so eines der wichtigsten Elemente der Story an Wirkung verlieren. Denn diese Sequenzen dienten nicht dem Selbstzweck, sondern zeigten explizit, zu was Saphia getrieben wurde, um ihre Selbstständigkeit zu erlangen.
Dabei sind die Illustrationen von Marie Avril ansonsten hervorragend. Ihr realistischer Stil passt zur Geschichte, derweil sie hauptsächlich gedämpfte Farben verwendet, mit denen sie die Tristes der Umgebung von Saphia zeigt. Das steht im Gegensatz zu den Erlebnissen von Saphia und ihrem Selbstbewusstsein, wodurch dieser nochmal unterstrichen wird.
Und so wird dieses Album zum "Reinschauen" empfohlen.
Fazit:
"Zorngebete" ist eine gute Adaption des gleichnamigen Romans von Saphia Azzeddine. Umgesetzt von dem Autoren Eddy Simon und der Künstlerin Marie Avril ist dies eine schonungslose Erzählung, die zeigt, was eine selbstbewusste junge Frau in einer Welt macht, die eben dies nicht ermöglicht. Die Story mag auf Grund der Tatsache, dass Saphia ihren Körper hergibt, um an ihre Ziele zu kommen, vielleicht skandalös wirken. Doch es passt zu der Umgebung, in der die Erinnerungen stattfinden. Leider wurde das Album im Vergleich zur Vorlage entschärft, was schade ist.
Zorngebete
Autor der Besprechung:
Götz Piesbergen
Verlag:
Splitter
Preis:
€ 18,80
ISBN 13:
978-3-95839-298-4
88 Seiten
Bewertungen unserer Redaktion und unserer Leser
- Beeindruckendes Porträt einer stolzen Frau
- Gelungen erzählt
- Gute Zeichnungen
- Nicht so frivol und schockierend wie die Vorlage
Die Bewertung unserer Leser für diesen Comic | ||
Bewertung: | ||
Keine Bewertung vorhanden | ||
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Rezension vom: | 07.12.2016 | ||||||
Kategorie: | One Shots | ||||||
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