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Comic-Besprechung - Ich, der Mörder

Geschichten:
Ich, der Mörder
Autor: Antonio Altarriba, Zeichner / Colorist: Keko (José Antonio Godoy)


Story:
Emilio Rodriguez ist ein Professor für Kunstgeschichte und zentrale Figur einer Strömung welche die Darstellung von Folter und Mord in der Kunst untersucht. Doch Rodriguez ist auch ein Mörder, der seine Taten als Kunst begreift. Als sein Leben nach und nach zusammenbricht, droht auch seine heimliche Leidenschaft ans Licht zu kommen.


Meinung:
Diese preisgekrönte Graphic Novel ist eine komplexere Angelegenheit als der Titel Ich, der Mörder vermuten lassen kann. Bei der Namensgebung denkt man assoziativ an Filme wie Henry – Portrait of a Serial Killer, also ein Psychogramm eines Serienmörders und was einen dazu bringt grauenhafte Morde zu begehen. In den letzten Jahren gab es mehrere so gelagerte Titel wie etwa Green River Killer, Haarmann, Gift oder Mein Freund Dahmer. Diese bezogen sich alle auf wahre Täter und konnten demnach immer nur eine Annäherung an eine so komplexe Psyche liefern.

Anders sieht das bei erfundenen Tätern aus, die nach Vorbildern geformt sein können, aber greifbarer sind, da man in einem fiktionalen Entwurf alles deutlicher ausprägen kann. Aber das ist in Ich, der Mörder nur bedingt der Fall. Da steht man sich ein um das andere Mal selber im Weg, will aber auch gar kein psychologisches Profil erarbeiten. Es interessiert die Autoren nur am Rande was einen Menschen dazu bringt andere zu töten. Vielmehr geht es um Metaebenen die hier miteinander verflochten werden. Das lässt die Graphic Novel zwar manchmal etwas sperrig werden, zieht einen aber in einen verstörenden Rausch hinein.

Es geht nicht nur um den Mörder an sich, sondern auch um Kunst, das Leben an der Universität und um bissige Seitenhiebe auf den Kunstbetrieb. Dieser kunstkritische Diskurs und die Satire verstellen manchmal den Blick, sind aber genau das worauf es ankommt. Denn der Voyeurismus, dem man als Leser eines solchen Titels schon bei der Auswahl nachgibt, wird hier offengelegt. Immer schon faszinierte die Darstellung von Tod und Gewalt in der Kunst. Der titelgebende Mörder ist ein Kunstprofessor und hängt der Theorie an, dass einzig die Darstellung von Folter, Krankheit, Tod und Gewalt die Menschheit zur Entwicklung anleiten. Nebenbei praktiziert er den Mord als Kunst. Nicht in dem Sinne, dass er Bilder und Skulpturen an lebendigen Menschen nachstellt, sondern Rodriguez fasst seine Taten als jeweiliges Kunstwerk auf. Improvisiert, anonym, ohne Spuren und immer mit einer Intention etwas auszudrücken. Im Grunde praktiziert er Happenings ohne als „Künstler“ in Erscheinung zu treten. Vielleicht ist das der Grund warum er sehr grätzig auf einige Happening-Künstler reagiert. Hier wird also auf verschiedenen Ebenen reflektiert was wir voyeuristisch als Gewalt sehen und gleichzeitig eine Satire geschaffen auf die Intrigen an einer Universität und in der Kunstszene. Ironischerweise sind die Morde da komplett eingeflochten.

Die Hauptfigur lebt das aus was andere symbolisch tun. Und erhebt durch den Mord das Leben und übt Kunst aus. Intrigen, Mobbing, das Heruntermachen von Theorien, die Macht die mit der Deutung über etwas einhergeht: alles dient dazu andere zu vernichten. Aber um unentdeckt zu bleiben, lautet die Maxime des Mörders niemanden aus seinem direkten Umfeld zu töten und nicht vom Ableben zu profitieren. Seine Impulse und Frustrationen tobt er anderen aus und wirkt ansonsten gutmütig und sanft. Der Professor wird später ausgerechnet zum Opfer weil er seine eigenen Regeln befolgt. Aber am Ende sieht man seinen Zorn und ahnt Böses.

In strengen Konturen und klar gegliederten schwarz-weiß-Bildern wird hier eine düstere Gesellschaft entworfen, in der jeder Mensch des anderen Wolf ist und alle anderen immer nur der eigenen Selbstbestätigung dienen. Nähe gibt es hier nicht, alle Beziehungen dienen mehr oder weniger einer Kosten-Nutzen-Relation. Nur selten kommt hier als Lichtblick mal die Farbe Rot vor, die dann das Blut umso kräftiger und erschreckender wirken lässt. Und manchmal werden damit symbolische Akzente gesetzt wie bei dem Apfel. Das macht alles zusätzlich beängstigend schön.

Fazit:
Manchmal etwas sperrig zu lesen, da hier viele verschiedene Metaebenen eingeführt werden, wird doch ein Rausch des Bösen erzeugt, dem man sich kaum entziehen kann. In starken Bildern und philosophischen Texten geht es weniger um das Psychogramm eines Mörders als um eine Satire und fehlende zwischenmenschliche Nähe.

Ich, der Mörder - Klickt hier für die große Abbildung zur Rezension

Ich, der Mörder

Autor der Besprechung:
Jons Marek Schiemann

Verlag:
Avant Verlag

Preis:
€ 24,95

ISBN 10:
3945034329

ISBN 13:
978-3945034323

136 Seiten

Bewertungen unserer Redaktion und unserer Leser

Positiv aufgefallen
  • Metaebenen
  • graphische Gestaltung
  • Kunstdiskurs
Negativ aufgefallen
  • sperrig zu lesen
Die Bewertung unserer Leser für diesen Comic
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Rezension vom: 05.12.2015
Kategorie: Alben
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