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Comic-Besprechung - Die Katze des Rabbiners Gesamtausgabe 2

Geschichten:
Die Katze des Rabbiners Gesamtausgabe 2
Das irdische Paradies

Autor / Zeichner: Joann Sfar, Colorist: Brigitte Findakly

Jerusalem in Afrika
Autor / Zeichner: Joann Sfar, Colorist: Brigitte Findakly


Story:
Die namenlose Katze des Rabbiners folgt Malka und seinem Löwen bei seinen Abenteuern. Doch ist es traurig für sie festzustellen, dass den beiden Wanderern zunehmend das Alter zu schaffen macht. Während der Löwe den Niedergang seinen Herrn nicht ansehen möchte, überlegt sich Malka wie er ein Vermächtnis schaffen kann. Ein anderes Vermächtnis sucht ein junger russischer Jude, der zufällig nach Algerien gerät. Er ist auf der Suche nach einem sagenhaften Jerusalem, das im tiefsten Afrika liegen soll. Der Rabbi, seine Katze und andere begleiten den Jungen auf die abenteuerliche Suche nach diesem Utopia.


Dieser Comic wurde mit dem Splash-Hit ausgezeichnet Meinung:
Der zweite Teil der Gesamtausgabe beinhaltet den vierten und fünften Teil von Die Katze des Rabbiners, also Das irdische Paradies und Jerusalem in Afrika. Diese Serie dürfte das Meisterwerk von Joann Sfar sein und das will was bei diesem Ausnahmeautor schon was heißen. Es gibt wenige die über längere Zeit nicht nur so produktiv sind, sondern auch nie qualitativ nachgelassen haben. Gut ist alles, vielleicht manches weniger genial als anderes, aber immer lohnenswert. Dabei verweigert sich Sfar durchaus dem Mainstream und sein absurder Humor und teilweise rudimentärer Strich dürfte nicht jedermanns Fall sein. Zudem gibt er in manchen seiner Serien tiefe Einblicke in jüdische Traditionen, Geschichte und Denken, was nicht alle, leider, interessieren dürfte. Dass er dann auch noch Genreregeln aufbricht und diese dekonstruiert, macht seine Bände immer wieder spannend und unvorhersehbar.
Was soll man etwa von einer Katze halten, die ihre Umgebung genau beobachtet, nach dem Verspeisen eines Papageis auf einmal reden kann und mit ihrem Meister, einem Rabbiner, philosophiert und zumindest im ersten Teil eine Bar-Mizwa haben will? Es klingt absurd, abenteuerlich und verdreht, ist aber auch einfach wunderbar. Nicht nur ist die Serie intelligent, sondern auch hinreißend komisch und man weiß nie, was einen erwartet.

Sfar gelingt es dabei immer auch, absurdes wunderbar realistisch einzubetten. Man nimmt ihm einfach die fantastischen Elemente ab. Man beginnt diese Gesamtausgabe mit Malka und seinem Löwen, die von der Katze begleitet werden, die ihre Sprachfähigkeit bereits im zweiten Abenteuer wieder eingebüßt hatte und nur noch mit anderen Tieren sprechen kann. Was dazu führt, das ihre Dialoge mit dem Löwen und einer Schlange wunderbar komisch sind und alle Begebenheiten ironisch kommentieren. Hier geht es zunächst um die erzählerische Tradition, den Stellenwert von Geschichten und derjenigen die sie erzählen, was hier natürlich die Zeiten der oral history beinhaltet. In Zeiten wo es keine Massenmedien gab oder auch keine Schrift, waren es Wanderer und Erzähler, welche die Neuigkeiten verbreiteten. Dabei gaben sie nicht nur Nachrichten im heutigen Sinne weiter, sondern auch Fiktion. Malka ist ein solcher Mann, der nun im Zeitenwechsel unter die Räder kommt. Er gehört zu einer aussterbenden Sorte und weiß darum. Ihm geht es nun vor allem darum nicht vergessen zu werden. Dramaturgisch zieht sich das etwas hin und eine genaue Richtung ist nicht erkennbar, aber darum geht es nicht, sondern um den Charakter des Malka und wie er unsterblich werden will. Das ist in wunderbaren Bildern gehalten  mit einer Farbgebung welche nicht nur das Wüstenlicht wiedergibt sondern auch eine traumhafte Stimmung erschafft. Vor allem ist es auch sehr bewegend und tieftraurig.

Der letzte Band, also hier die zweite Hälfte dieser Ausgabe, ist auch etwas sprunghaft, aber hier gibt es viel mehr skurrile Elemente die aber nie Selbstzweck sind, sondern dazu dienen die Satire  zu stärken und zu dem Kern vorzudringen. Gerade die Kommentare der Katze begleiten vieles und hier erlangt sie später auch die Sprache wieder- um dann prompt als Dolmetscherin zu dienen.

Gerade hier sind die Dialoge wunderbar und die Dramaturgie folgt noch eher den Regeln, da deutliche Anleihen an das klassische Abenteuergenre vorgenommen werden. Durchaus in dem Bewusstsein, das da oft ein kolonialer Romantizismus vorherrschen kann. So gibt es nicht nur Einblicke in die jüdische Traditionen und ein Verweis auf den historischen Zionismus, sondern auch Verweise auf Realhistorie und Comicgeschichte. So erinnert der Maler von seinen Charakteristiken und seiner optischen Gestaltung her sehr an Marc Chagall, so wie er ebenso von Sfar in Chagall in Russland portraitiert worden ist. Zudem haben hier auch Tim und Struppi ihren Auftritt in einer Reminiszenz an ihr Kolonialabenteuer und leicht rassistische Erzählung Tim im Kongo. Welches Sfar ganz offensichtlich nicht ausstehen kann.

Dabei werden erstmal die Regeln des Abenteuergenres befolgt. Die kleine Reisegemeinschaft durchquert Afrika und muss sich mit der Natur und anderen Menschen auseinandersetzen. Vor allem das abendliche Essen bei Moslems gerät für die jüdische Gruppe zu einer gefährlichen Herausforderung. Die Widrigkeiten der wilden Tiere und der Natur werden aber schnell oft in einzelnen Panels abgehandelt. Immer mit einem süffisanten Kommentar versehen. Hier geht es nämlich ausnahmsweise nicht um die Reise an sich. Sfar möchte vielmehr aufzeigen, dass das Ziel einer solchen Unternehmung oft eine Art von Utopia ist. Vor allem das Ende ist dann eine schöne Sache indem es aufzeigt, das die Suche nach einem Utopia sich zwar oft als Enttäuschung entpuppt, aber die Suche danach einen anderen Menschen aus einem gemacht hat. Was einen dann wiederum hoffentlich die Kraft gibt, das Utopia selber zu schaffen, also die Zustände zu verändern. Zudem wird hier der Rassismus umgekehrt, vor allem wenn man den Beginn dieses langen Kapitels betrachtet wenn auch die jüdischen Bürger ihre Vorurteile pflegen, und mit manchen Genreregeln wird auch mal wieder gebrochen.

Obwohl der Band und die Serie voll ist mit Anspielungen, Verweisen, Witz und intelligenter Philosophie geht das nie zu Kosten der Unterhaltsamkeit und alles wirkt leicht und mühelos. Ein Traum.

Fazit:
Der zweite Teil der Gesamtausgabe dieser meisterhaften Serie beinhaltet die letzten beiden Kapitel und zeigt die Genialität von Sfar auf. Wunderbare Dialoge, Witz, Philosophie, Dramatik, Genredekonstruktion und stimmungsvolle expressive Zeichnungen ergeben eine Mixtur die süchtig macht.

Die Katze des Rabbiners Gesamtausgabe 2 - Klickt hier für die große Abbildung zur Rezension

Die Katze des Rabbiners Gesamtausgabe 2

Autor der Besprechung:
Jons Marek Schiemann

Verlag:
Avant Verlag

Preis:
€ 29,95

ISBN 10:
3945034108

ISBN 13:
978-3945034101

144 Seiten

Bewertungen unserer Redaktion und unserer Leser

Positiv aufgefallen
  • Witz
  • Philosophie
  • Genredekonstruktion
  • viele Verweise und Andeutungen
  • Einblick in jüdische Traditionen
Negativ aufgefallen
Die Bewertung unserer Leser für diesen Comic
Bewertung:
1
(2 Stimmen)
Bewertung
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Rezension vom: 25.06.2015
Kategorie: Rezensionen
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