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Comic-Besprechung - Ghetto Brother

Geschichten:
"Eine Geschichte aus der Bronx"
Autor: Julian Voloj
Zeichnerin: Claudia Ahlering


Viel wurde schon über die amerikanischen Gangs geschrieben. Oftmals wird sich dabei aber auf die aktuellen Gruppierung wie Crips und Bloods bezogen. Nun werden die Anfänge dieser Kultur in einer neuen Graphic Novel thematisiert. Dafür hat sich der Autor Julian Voloj in die South Bronx begeben, dahin wo alles anfing. Hier hat er Benjamin Melendez, einen Sohn puerto-ricanischer Einwanderer getroffen. Er war nicht nur der Anführer der bis zu 2000 Mitglieder zählenden Ghetto Brother Gang, sondern er initiierte auch das "Truce Summit", ein Friedenabkommen zwischen den wichtigsten Gangs, um die grassierende Gewalt in den Griff zu bekommen. All dies spielte sich zu Anfang der 70iger Jahre ab und wird in dieser Graphic Novel behandelt.

Voloj beginnt beim Umzug der Familie Melendez nach der South Bronx. Benji lernt schnell, dass er als Einzelgänger hier keine Chance hat. Er schließt sich einer Gang an und übersteht den martialischen Aufnahmeritus. Anschließend geht es Schlag auf Schlag im wahrsten Sinne des Wortes. Schlägereien, Schießereien und das Besetzen von verlassenen Gebäuden stehen auf der Tagesordnung. Dass die Gang auch mit den florierenden Drogenhandel in ihren Straßen aufräumt ist eine Aktion, die zum heutigen Bild der schwarzen Gangs nicht so recht passen mag. Sind diese doch oftmals tief verstrickt im Drogensumpf.

Der Mord an Black Benjy, einem Mitglied der Ghetto Brothers ändert alles. Es kommt zum medial vielbeachteten Friedenabkommen und in Folge dessen zum Zerfall der Gangkultur und zur Gründung der Hip Hop Bewegung. Leser, die sich mit dieser Kultur beschäftigen, können hier einen klaren Bezug zum Comic "Hip Hop Family Tree" von Ed Piskor herstellen, der genau in dieser Phase beginnt.

"Ghetto Brother" erzählt somit die Vorgeschichte zum Rap, sowie zu den heutigen Verhältnissen in der Bronx und in anderen schwarzen Gegenden. Dank der sehr genauen Schilderungen des realen Benjamin Melendez kann sich der Leser sehr gut das Umfeld vorstellen, in dem die Zuwandererkinder aufwuchsen.
Diesen Fakt nutzt der Autor, um auf den weiteren Werdegang des Ganganführers hinzuweisen. Das letzte Drittel des Comics setzt sich mit der Suche des Benjamin Melendez nach seiner Herkunft auseinander. Wurden bisher einige Andeutungen gestreut, so kann der Leser nun miterleben, wie der Protagonist den Glauben seiner Eltern hinterfragt und dabei herausfindet, dass seine Familie jüdischer Herkunft ist. Melendez besucht fortan eine Synagoge und steigt tief in die Religion seiner Eltern und Vorfahren ein. Dass dies zum Bruch mit seiner Frau führt, ist eine schmerzliche Tatsache, die der Autor hier nicht verschweigt.
Der Einbezug des religiösen Aspekts in diese Geschichte mag ungewöhnlich sein. Er lenkt ganz klar das Geschehen weg von der Gangkultur und hin zur einzelnen Person. Damit stehen nicht mehr die Ghetto Brothers im Mittelpunkt der Erzählung. Der Fokus wird auf Benji gerichtet, ohne Nebenschauplätze oder andere Charaktere. Als Abschluss dieser Erzählung ein gelungener Ansatz, der den Leser stärker an die Hauptfigur bindet.

Die Zeichnungen von Claudia Ahlering sind in mattem schwarz/weiß gehalten, wobei sie Kontraste mittels Grautönen ausarbeitet. Dies kommt besonders bei den Darstellungen der Umgebung zur Geltung. Der Hauptdarsteller beschreibt die damalige South Bronx wie Dresden ´45 und Ahlerings Grafiken mit ihren Abrisshäusern, Schmuddelecken und Schutthaufen spiegeln genau diesen Fakt wieder. Mittels oftmals ineinander verschachtelten aber immer klar umrissenen Panels gibt sie die enorm vielen Fakten wieder, welche der Autor hier zusammengetragen hat. Viel Platz für großformatige Zeichnungen bleibt da leider nicht. Diese kommen lediglich bei wichtigen Situationen zum Einsatz, wie beim Friedensabkommen, wo der Leser dann zahlreiche Kuttenträger sieht. Aufgrund der vielen kleinen Grafiken und der Tuscharbeiten muss sich der Leser anfangs auf die Darstellungen einstellen. Dies gelingt aber ohne weiteres und schnell gerät man in einen Lesefluss bei dem Story und Grafik untrennbar miteinander verbunden sind und ein wirklich fesselndes Gesamtbild abliefern.

Folglich beinhaltet "Ghetto Brother" eine spannende Geschichte, die auf realen Ereignissen basiert und bereits mit der ersten Seite den Leser in ihren Bann zieht. Dass die Hauptfigur der Story noch eine weitere Betrachtung nach dem Abflauen der Gangs und dem Aufstieg des Hip Hops erfährt, schließt diese Story würdig ab und führt den Leser bis in die Gegenwart. Vom Aufbau und von der Umsetzung her, sowohl inhaltlich als auch grafisch, kann diese Graphic Novel somit durchweg überzeugen.


Ghetto Brother - Klickt hier für die große Abbildung zur Rezension

Ghetto Brother

Autor der Besprechung:
Christian Recklies

Verlag:
Avant Verlag

Preis:
€ 19,95

ISBN 13:
978-3-945034-19-4

128 Seiten

Bewertungen unserer Redaktion und unserer Leser

Positiv aufgefallen
  • relativ unbekanntes Stück Geschichte wird thematisiert
  • autobiografischer Ansatz
  • klare Zeitlinie von den 1970iger Jahren bis heute
Negativ aufgefallen
Die Bewertung unserer Leser für diesen Comic
Bewertung:
1
(1 Stimme)
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Rezension vom: 16.04.2015
Kategorie: One Shots
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