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Comic-Besprechung - Als David seine Stimme verlor

Geschichten:
Als David seine Stimme verlor
Autor, Zeichner, Colorist: Judith Vanistendael


Story:
David hat Krebs. Kehlkopfkrebs. Während er und seine Familie noch unter dem großen Schock stehen, beginnt die Chemotherapie. Schnell stellt sich aber heraus, dass sie nicht anschlägt. Während David sich immer mehr und mehr in sich zurückzieht, versuchen seine Frau und seine Töchter irgendwie mit der Situation klar zu kommen.


Dieser Comic wurde mit dem Splash-Hit ausgezeichnet Meinung:
Es ist sehr schwierig ein Buch über das Sterben zu schreiben und was der Prozess in den Angehörigen auslöst. Nicht nur ist alles was damit zusammenhängt sehr kompliziert in Worte und Bilder zu fassen, da so viele Themen mit einfließen, das man sich als Autor und Zeichner schnell heillos verirren kann. Erinnerungen, Träume, Sehnsüchte, Bedauern, Angst, Wut, Trauer, Hilflosigkeit, aber auch Dankbarkeit und Liebe. Alles kann einen da in bestimmten Momenten kurz hintereinander überwältigen. Und dann der ewige Kampf gegen die Krankheit und auch gegen seine eigenen Gefühle, die einen immer wieder übermannen zu drohen. Dabei möchte man gegenüber dem Kranken stark und insofern eine Stütze sein. Und wie geht erst der Sterbende mit seiner Situation um? Diese Vielfältigkeit der sich widerstreitenden Gefühle ist äußerst komplex. Wie will man das in ein Buch fassen? Da kann man schnell in Selbstmitleid verfallen, einem Missionarstum aufsitzen und sich in unangemessenen Botschaften verfangen. Weinerlichkeit würde den Leser abschrecken und ein Therapiebuch in Bildern entstehen lassen. Wenn man nun aber eine Mission verfolgt, wie etwa das Propagieren von Sterbehilfe, so kann diese ebenso abschrecken und man sollte vielmehr den Leser seine eigene Meinung bilden lassen. Und auch Botschaften können unangemessen sein, wenn sie denn zu sehr in die christliche Richtung des Glaubens gehen und der Trost aus Glaubensquellen kommen soll, die einem zwar etwas helfen können, aber nicht der einzige Umgang damit sind. Zudem fühlen sich nicht alle bei dem Gedanken wohl.

Alles dieses genannte kommt hier nicht vor, so dass der Leser ganz auf die Gefühle der Charaktere und deren Umgang mit der Situation des Sterbens gesetzt wird. Dabei kommen alle Widrigkeiten, Unstimmigkeiten und der chaotische Gefühlsmix, wie oben erwähnt, hier vor. Und das ist der Autorin und Zeichnerin Judith Vanistendael, von der auf Deutsch auch Kafka für Afrikaner vorliegt, beeindruckend gelungen.

Als David seine Stimme verlor ist schlicht und einfach ein Meisterwerk, in dem kaum Dialoge gebraucht werden. Das hätte nicht nur sehr geschwätzig ausfallen und am Thema vorbei gehen können, da es eben sehr schwierig ist seine Gefühle manchmal in Wörtern auszudrücken und die Komplexität für ihre Schilderung einen weiten Raum braucht. Vanistendael macht es genau richtig und lässt die Bilder und die Gesten der Figuren alles sagen. Da kann ein Bild wahrlich mehr sagen als tausend Wörter und überlässt es dem Leser und Betrachter die Komplexität des Innenlebens der Figuren zu entschlüsseln. So kann er sich auch selber einbringen und sich eventuell wieder erkennen, was den Stoff natürlich manchmal schwer erträglich macht. Aber Vanistendael gelingt es auf extrem beeindruckende und bedrückende Weise das Innenleben der Charaktere in all ihrer Komplexität zu schildern.

Dabei nutzt sie auf eine geniale Art und Weise alle Möglichkeiten des Mediums des Comics. Ja, vielleicht ist sogar dieses das geeignetste Medium, wenn man denn die gestalterischen Fähigkeiten dazu besitzt, diesem Thema zu begegnen. Und die belgische Autorin und Zeichnerin hat diese Fähigkeiten definitiv. Der Panelaufbau, der Bruch mit diesem Aufbau und gängigen Seitenstrukturen, die Farben, der ganze Stil: alles ist eins und bildet wirklich eine erstaunliche Einheit mit dem zu erzählenden Stoff. Hier unterstützt sich alles und gehört zum Erzählen an sich dazu. Bild und Wort und Thema verschmelzen hier in ihrer Aussage und Deutungsmöglichkeiten und geben dem Leser immer interpretatorischen Spielraum und geben selten eine bestimmte Richtung vor, sondern sind trotz aller bewegenden Szenen doch manchmal recht nüchtern gehalten.

Und trotz all des Schmerzes und des Leidens und der Trauer gibt es doch Hoffnung und Tröstendes. Manchmal gibt es auch hier noch Heiterkeit denn im Angesicht des Todes muss man das Leben und die Liebe feiern. Eines der besten Comics nicht nur diesen Jahres.


Fazit:
Vanistendael ist ein wahres Meisterwerk gelungen und nutzt alle Möglichkeiten des Mediums genial aus, um die Komplexität von Gefühlen in einem Sterbeprozess wiederzugeben. Bewegend und bedrückend, schafft sie es immer sich von Botschaften fernzuhalten und den Leser mit einzubeziehen. Genial.

Als David seine Stimme verlor - Klickt hier für die große Abbildung zur Rezension

Als David seine Stimme verlor

Autor der Besprechung:
Jons Marek Schiemann

Verlag:
Reprodukt

Preis:
€ 34,00

ISBN 13:
978-3-943143-95-9

280 Seiten

Bewertungen unserer Redaktion und unserer Leser

Positiv aufgefallen
  • Thema
  • zeichnerische Umsetzung
  • alle Möglichkeiten des Mediums werden genutzt
  • auf Botschaften wird verzichtet
  • Leser wird einbezogen
Negativ aufgefallen
Die Bewertung unserer Leser für diesen Comic
Bewertung:
1
(1 Stimme)
Bewertung
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Rezension vom: 20.09.2014
Kategorie: Rezensionen
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