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Comic-Besprechung - Der Winter des Zeichners

Geschichten:
Der Winter des Zeichners
Aus dem Spanischen: El Invierno Del Dibujante
Autor und Zeichner: Paco Roca

Was müssen das früher für Zeiten gewesen sein? Comics wurden in den 50iger und 60iger Jahren Millionenfach verkauft und einige der damals produzierten Serien, haben auch heute noch einen hohen Bekanntheitsgrad. Die Zeichner wurden jedoch eher selten bekannt gegeben, so dass oftmals der Verlag den Ruhm einsteckte und die Künstler leer ausgingen.
In seiner Graphic  Novel Der Winter des Zeichners schildert Paco Roca nun den Versuch einer Gruppe spanischer Zeichner Ende der 50iger Jahre ein eigenes Comicmagazin herauszubringen. Sie strebten nach künstlerischer Selbstentfaltung, wollten keine Korrekturen des Programmleiters mehr sehen und vor allem wollten sie den Ruhm und die Anerkennung der Leserschaft ernten.
Der Autor bearbeitet dieses auch heute noch aktuelle Thema am Beispiel des kurzlebigen Magazins Tio Vivo, welches im Sommer 1957 erstmals erschien. Im Vorfeld hatten die beteiligten Künstler beim großen spanischen Verlag Bruguera gearbeitet, der unter anderem das auch hierzulande bekannte Clever & Smart Comic veröffentlichte.

Ruca geht bei seiner Schilderung nicht chronologisch vor. Er springt bei den Kapiteln zwischen den Jahren 1957 und 1958, so dass der Leser zu Beginn bereits den Ausgang des Projektes erfährt. Auch wenn dadurch gleich auf den ersten Seiten etwas an Spannung verloren geht, so bleibt doch das Interesse des Lesers bestehen, gerade weil der Autor sehr intensiv auf die Charakteristika der Protagonisten eingeht.
Diese Betrachtung der handelnden Personen rückt vollkommen in den Vordergrund, wodurch das eigentliche Magazin zur Nebensache wird. Viel interessanter ist hierbei, wie die Zeichner an das Projekt herangehen und wie deren Umwelt dies wahrnimmt.
So begleitet der Leser die fünf Männer bei Kneipenbesuchen, bei Kartenspielabenden oder bei der täglichen Arbeit. Die dabei geführten Konversationen sind gefüllt mit Nebensächlichkeiten und tagesaktuellen Themen. Vieles bringt die Handlung nicht voran, erzeugt aber eine enorme emotionale Bindung zu den Figuren. Nur so kann man sich als Leser in die Situation der Zeichner hineinversetzen, versteht wie unzufrieden sie mit ihrem Job sind und vor allem wie die damals alltägliche Zensur unter Franco die Künstler belastete.

Der Autor nutzt für seine Erzählung folglich unzählige Details, die sich um die Veröffentlichung des Tio Vivo Magazins ranken. Dadurch wird die Story sehr aufgeblasen, aber an keiner Stelle langweilig. Denn selbst die unwichtigsten Gespräche haben einen gewissen Unterhaltungswert und durch das Einstreuen von kleinen wichtigen Wendepunkten im Leben der Künstler wird die Spannung aufrechterhalten. Die verschiedenen Zeitsprünge, welche nach jedem Kapitel durchgeführt werden, erschweren etwas das Verständnis der Handlung, denn durch die Vielzahl der Protagonisten mit ihren unterschiedlichen Lebensläufen entsteht eine komplexe Story, die bei Vor- und Rückblicken schnell zum Unverständnis führen kann. So wird der Leser nicht daran vorbeikommen, das ein oder andere Mal in ein vorangegangenes Kapitel zurückzublättern, um die aktuelle Situation verstehen zu können.

Gelungen ist dem Autor neben der Darstellung der Beteiligten die Herausarbeitung der Figur des Programmleiters in Person von Rafael Gonzalez. Dieser führte harte Korrekturen durch, betrieb eine Art Vorzensur für die Behörden und trieb die Zeichner zu Höchstleistungen an. Dass dabei sein Privatleben vollkommen auf der Strecke blieb, wird vom Autor auf den letzten Seiten eindrucksvoll geschildert, wodurch ein weiterer emotionaler Höhepunkt entsteht.

Grafisch lässt es der Künstler recht sachlich angehen. Eine klar aufgeteilte Seitenführung zieht sich durch den Band, mit vielen kleinformatigen Panels und je einer Splashpage zu Beginn des Kapitels. Lediglich die eigenwillige Farbgebung der Seiten mit ihrem blauen, rosa oder gelben Grundton, wodurch die Jahreszeiten dargestellt werden, bricht etwas mit dem konservativen Layout. Die Darstellung der Szenerie überzeugt durch einen hohen Detailgrad mit wunderschöner Hintergrundgestaltung und einer Ausarbeitung der Figuren, die glücklicherweise eine Unterscheidung der vielen einzelnen Personen zulässt.

Es mag nur ein kleiner Ausschnitte einer vielleicht unbedeutenden Publikation sein, dennoch steht Tio Vivo symbolisch für den Mut und auch für das Scheitern von selbstverlegten Comics, vor allem unter dem Gesichtspunkt der damaligen Ära. Der Autor hat hier folglich eine lesenswerte Graphic  Novel geschrieben, die gerade in Hinblick auf aktuelle Diskussionen zu dieser Thematik, wichtig für das Verständnis des Rechts am eigenen Bild ist. Lediglich die verschobene Chronologie stört etwas das Lesevergnügen.

Der Winter des Zeichners - Klickt hier für die große Abbildung zur Rezension

Der Winter des Zeichners

Autor der Besprechung:
Christian Recklies

Verlag:
Reprodukt

Preis:
€ 20,00

ISBN 13:
978-3-943143-38-6

128 Seiten

Bewertungen unserer Redaktion und unserer Leser

Positiv aufgefallen
  • interessantes Kleinod der Comicgeschichte
  • aufwendige Charakterstudien
  • gelungene Darstellung der damaligen Comicproduktion
Negativ aufgefallen
  • Sprünge innerhalb der Zeitschiene sind etwas störend
Die Bewertung unserer Leser für diesen Comic
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Rezension vom: 09.08.2013
Kategorie: One Shots
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