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Comic-Besprechung - Before Watchmen: Minutemen

Geschichten:
Before Watchmen: Minutemen
Before Watchmen: Minutemen 1-6
Autor und Zeichner:
Darwyn Cooke
Colorist:
Phil Noto


Story:
Hollis Mason ist ein ehemaliger Polizist, der nun eine Autowerkstatt leitet. Da würde man nicht unbedingt annehmen, dass er genügend Stoff für eine Autographie hätte, deren Veröffentlichung  viele Leute verhindern wollen. Doch Mason war auch der Superheld Nite Owl und als solcher ein Mitglied der Minutemen. Diese schlossen sich zusammen, um das Verbrechen effektiver bekämpfen zu können. Doch nur allzu schnell mussten sie erfahren, dass die Kluft zwischen Anspruch und Realität zerstörerisch sein kann. 

Meinung:
Watchmen ist einer der größten Klassiker des Mediums und nur wenige Graphic Novels waren einflussreicher als das Meisterwerk von Alan Moore und Dave Gibbons. Mittlerweile sind zur Beschreibung dessen keine Superlative mehr übrig und die Studien, Sekundärliteratur, Kommentare  und Verweise füllen nahezu Regalmeter. So war die Ankündigung einiger Prequels eine kleine Sensation. 25 Jahre nach Erscheinen des Originals starteten einige Serien, welche Einzelcharaktere näher beleuchten. Warum hatte es aber so lange gedauert, bis die Figuren und die Umstände näher betrachtet werden? Schlicht und einfach: weil es Alan Moore nicht wollte. Watchmen ist damals zwar schon bei DC erschienen, aber die Rechte an den Figuren verblieben bei Moore und Gibbons, die sich jahrzehntelang weigerten, diese freizugeben. Als sich Gibbons dann dazu bereit erklärte, wurde Moore mehr oder weniger dazu gezwungen auch sein „Okay“ zu geben. Deswegen kommen nun mit erheblichen Verspätungen die Prequels auf den Markt. Was den hohen Erwartungen zugute kommt, die dann natürlich schwer einzuhalten  sind.

Darwyn Cookes Minutemen gelingt allerdings das Kunststück den hohen Erwartungen zu entsprechen. Vielleicht liegt es daran, dass er keine der festgefügten Figuren als Grundlage hat deren Hintergrund und Charakter schon von Moore festgeschrieben worden waren, sondern sich mehr oder weniger austoben kann. Die Minutemen war die Superheldengruppe, an der sich die Watchmen orientierten und von denen sie inspiriert worden sind. An manchen Stellen im Werk von Moore und Gibbons wird auf die Gruppe Bezug genommen und einige Aspekte, Situationen und Anekdoten geschildert, woran sich auch Cooke orientieren muss, um nicht die Kontinuität und Kongruenz zu zerstören. Aber da er ansonsten freie Hand hatte, kann er so einiges unterbringen.

Waren die Watchmen ein Spiegel der Superhelden in den 1980ern, so sind die Minutemen ein Spiegel nicht nur der Superhelden der 1930er und -40er, sondern auch wie sie damals in den Comics erschienen sind. Die Dekonstruktion einer Superheldengruppe hat schon Watchmen geleistet und demnach ist dieser, mittlerweile schon oft wiederholte, Ansatz alles andere als neu. Obwohl sich Cooke nur an wenige Vorgaben halten muss, so ist doch das Thema an sich nicht mehr neu und kann folglich nicht dieselbe Wucht entwickeln wie damals die Watchmen und sein Zwillingsbruder im Geiste: The Dark Knight Returns von Frank Miller. Sprich: mittlerweile sind die Superhelden schon so dermaßen dekonstruiert, das man sich bisweilen fragen kann, warum sie immer noch publiziert werden.

Dennoch gelingt Cooke ein kleines Meisterstück. Sein Prequel  ist nicht nur spannend zu lesen und äußerst interessant mit der Wiedergabe der jeweiligen gesellschaftlichen Stimmung, sondern die Mini-Serie lebt davon, dass Anspruch und Realität immer wieder aufeinandertreffen und die Charaktere zu zerstören droht. Manchmal wirkt das wie eine Kopie von Moore, aber das liegt an den Vorgaben. Der herbe Kontrast zwischen den Ansprüchen und den Realität lässt die Figuren zerbrechen und zeigt auf, wie Mythen entstehen, und gemacht werden, die rein gar nichts  mit dem eigentlichen Geschehen zu tun haben. So ist Cookes Minutemen eine Hommage und gleichzeitig eine ätzende Kritik an das einfache Weltbild der damaligen Gesellschaft und wie sie in den Superheldencomics des Golden Age dargestellt worden ist. Denn auch die Helden können sich einer Gesellschaft nicht entziehen und sind von ihr geprägt. Da sind die konformen Figuren wie etwa Dollar Bill, mit seinem ironischen weil lächerlichen Tod, und diejenigen die aus der Norm fallen, weil sie den Konventionen nicht entsprechen und dafür büßen müssen (wie etwa Silhouette). Interessanterweise kommt der einzige heil, naja, davon, dessen Zynismus schon früh herausgebildet ist und der um die Schrecken der realen Welt weiß: der Comedian. Dessen Zynismus fällt aus der Zeit heraus, zeigt aber schon, wie es künftig weitergehen wird und damit verkörpert er den Prototyp der neuen, gebrochenen, Helden.

Zudem haben die Minutemen im Grunde nicht viel geleistet. Die wenigen wirklich gelungenen Heldentaten, die nicht vertuscht werden, sind sehr überschaubar und basieren oft auf Lügen. Dabei wird deutlich, dass hier mehr Schein als Sein vorliegt, wobei gerade die darin wurzelnde Menschlichkeit die Charaktere sympathisch erscheinen lassen. Der Leser nimmt an deren Schicksal teil und zwar egal, ob sie nun gut oder böse sind, obwohl es nach dem Lesen des Bandes diese Kategorien gar nicht mehr gibt.

Durchaus möglich, das auch zu diesem Band mehrere Aufsätze erscheinen werden und detaillierte Untersuchungen, welche ihn als Reflexion über das Golden Age herannehmen. Auch abgesehen davon ist der Band sehr spannend, intelligent, voller Action und Dramatik. Auch graphisch hat Cooke gleich viele sehr gute Ideen, welche nicht nur wieder auf ein Stilmittel der Watchmen verweisen, sondern immer auch die Story unterstützen. Gerade zu Beginn der Kapitel sind die Panels, horizontal ausgerichtet, von einer jeweiligen Form bestimmt, die sich immer fortsetzt, aber inhaltlich etwas ganz anderes zeigt. So sind Kreise angeordnet, die sich von einem Uhrenblatt hin zu einer explodierenden Welt entwickeln. Trotz unterschiedlicher Motive sind sie also kongruent aufgebaut und unterstützen den jeweiligen inneren Monolog geradezu kontrastierend. Denn wie man am Ende feststellen muss: es gibt keine allgemeine Wahrheit, sondern nur jeweils eine für einen Menschen.
Auch der generelle Zeichenstil von Cooke passt hervorragend, denn sein cartoonartiger Stil passt kongenial  zu dem damaligen Zeichenstil, was umso mehr mit dem düsteren und konterkarierenden Inhalt kollidiert. Homosexualität, Drogensucht, Mord, Ehebruch, Vergewaltigung, Heuchelei, Showbusiness im Sinne von allgegenwärtiger PR zerstören die Figuren und alles wofür sie stehen wollen. Stark.

Fazit:
Der erste Prequelband zu dem Meisterwerk Watchmen kann voll und ganz überzeugen. Cooke macht das Beste aus den wenigen inhaltlichen Vorgaben und liefert eine Reflektion über die Superhelden des Golden Age und wie Anspruch und Realität kollidieren. Eine spannende und dramatische Dekonstruktion einer vermeintlich heilen Superheldenzeit.

Before Watchmen: Minutemen - Klickt hier für die große Abbildung zur Rezension

Before Watchmen: Minutemen

Autor der Besprechung:
Jons Marek Schiemann

Verlag:
Paninicomics

Preis:
€ 16,95

ISBN 13:
978-3-86201-479-8

176 Seiten

Bewertungen unserer Redaktion und unserer Leser

Positiv aufgefallen
  • Superheldendekonstruktion
  • Kontrast Anspruch und Realität
  • Blick hinter das Golden Age
  • hervorragend graphisch umgesetzt
Negativ aufgefallen
Die Bewertung unserer Leser für diesen Comic
Bewertung:
1
(4 Stimmen)
Bewertung
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Rezension vom: 01.08.2013
Kategorie: Before Watchmen
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