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Comic-Besprechung - Hühner, Porno, Schlägerei
Geschichten:Hühner, Porno, Schlägerei
Autor / Zeichner / Colorist: Sophia Martineck
Story:
Das kleine deutsche Dorf Niederböhna möchte ein typisch deutsches Dorf sein, mit einem ausgeprägten Gemeinschaftssinn, regem Vereinsleben und Sauberkeit. Doch hinter den Fassaden der Rechtschaffenheit regen sich auch menschliche Abgründe und es kommen Schlägereien, Heimpornos, Nachbarschaftsstreiteren, ja sogar Mord vor.
Meinung:
Auf den ersten Blick ist der Band Hühner, Porno, Schlägerei sehr merkwürdig, ja sogar in gewissem Sinne abschreckend, da es im strengen Definitionssinne, Stichwort sequentielle Erzählung, gar kein Comic ist. Das Konzept der jungen und preisgekrönten Illustratorin Sophia Martineck von ihrem ersten Buch erstaunt etwas. Weder ist es im strengen Sinne ein Comic, noch wird hier eine Geschichte erzählt. Eine Dramaturgie im klassischen Sinne ist hier überhaupt nicht vorhanden. Die Seiten werden oft mit nur zwei Paneln aufgeteilt (manchmal drei, häufig auch nur ein einziges) und der Text beschränkt sich auf maximal drei Zeilen zur Bildbeschreibung. Was ist das also hier? Vor allem ist es nicht nur eher ein Bilderbuch mit ganz wenig Text, sondern der Stil ist auch geprägt von einer großen Naivität und fehlenden Perspektiven. Insbesondere solche die in die Tiefe gehen, sind nicht zu finden und so wirkt alles nicht nur sehr flächig, sondern auch oberflächlich. Das hier keine Dramaturgie vorliegt und dementsprechend keine Story vorhanden ist, passt zu dem Charakter eines Bilderbuches und bleibt auch als Manko bestehen.
Alles andere aber macht auf den zweiten Blick durchaus Sinn. Und hier hier liegt auch das große satirische Potential des schmalen Bandes. Hühner, Porno, Schlägerei erinnert nämlich stark an die Bilderbücher für Kinder, die spätestens seit den 1970er Jahren in großformatigen Bildern eine idyllische Dorflandschaft entwarfen (oder andere Themenbereiche vorstellten wie die Jahreszeiten, Feuerwehr, etc.), um Kindern das Leben und bestimmte Milieus nahe zu bringen. Es wurde in diesen Büchern eine heile dörfliche Welt gezeigt und die Kinder konnten in den Bilder vieles entdecken und so auf sichere Distanz die Welt erkunden. Die Innencover in diesem Band sind dementsprechend auch gestaltet, als ob man die Motive ausschneiden könne und damit spielen oder an passende Stellen in das Buch kleben könne. Der Stil ist hier also der selbe wie in den alten Kinderbüchern, aber inhaltlich wird eine völlig kaputte, alles andere als idyllische Welt geschildert, wobei eben der Kontrast zwischen Bild und Inhalt den Reiz ausmacht. Da gibt es Mord, Selbstmord, Atheismus mit Vorspiegelung der
Religiosität, gegenseitige Kontrolle bis hin zu kleinlichen Nachbarschaftsstreitereien, merkwürdige Vereinsaktivitäten, Schlägereien, etc, etc. Dadurch wird alles, was in dem Band auf der Oberfläche präsentiert wird, mitsamt den Assoziationen, die von dem Stil geschaffen wurden, komplett ausgehebelt. So wird
nicht nur die Schilderung von heilen Welten in Kinderbüchern karikiert, sondern auch der Schleier des Selbstverständnisses von Dörfern entzogen. Hier liegt also großes satirisches Potential.
Die hier geschilderten Ereignisse sind zwar fiktiv, beruhen aber auf Geschichten aus diversen Lokalzeitungen. Leider gehört es zum schon erwähnten Nachteil dieses Bandes, dass man ihn so mal ganz gut herausgreifen kann und sich an der Satire erfreut, aber die mangelnde Dramaturgie und der Stil sind auf Dauer doch arge Geschmackssache. Ob man ihn öfter lesen will oder ihn eher dazu benutzen möchte, Kinder zu erschrecken und Dörfler den Spiegel vorzuhalten, bleibt jedermann überlassen. Einen Blick hinein kann man jedenfalls schon riskieren. Aber eine uneingeschränkte Kaufempfehlung ist der Band nicht.
Fazit:
Hühner, Porno, Schlägerei kommt auf den ersten Blick sehr befremdlich daher. Eher ein Bilderbuch denn ein Comic mit einem sehr naiven Stil ohne Tiefenperspektiven, entpuppt sich das alles aber als Satire auf die Kinderbücher, welche eine idyllische Dorfwelt schildern. Das Fehlen jeder Dramaturgie macht den Band aber nicht zu einem Glanzstück.
Hühner, Porno, Schlägerei
Autor der Besprechung:
Jons Marek Schiemann
Verlag:
Avant Verlag
Preis:
€ 14,95
ISBN 10:
3939080624
ISBN 13:
978-3-939-08062-6
52 Seiten
Bewertungen unserer Redaktion und unserer Leser
- Satire
- Assoziationen an Kinderbücher werden ausgehebelt
- Stil von Kinderbüchern wird karikiert
- fehlende Dramaturgie
Die Bewertung unserer Leser für diesen Comic | ||
Bewertung: | ||
Keine Bewertung vorhanden | ||
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Rezension vom: | 01.08.2012 | ||||||
Kategorie: | One Shots | ||||||
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