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Comic-Besprechung - Barfuß durch Hiroshima

Geschichten:
Band 1: Kinder des Krieges
Band 2: Der Tag danach
Autor und Zeichner:
Keiji Nakazawa


Im zweiten Teil der Süddeutschen Zeitung Bibliothek zum Thema Graphic Novels findet sich auch ein Manga, der bereits zweimal auf Deutsch veröffentlicht wurde. 1982 brachte der Rowohlt Verlag den ersten Teil der auf vier Bände ausgelegten Reihe heraus. Zu mehr kam es leider nicht. Carlsen behob 2004 und 2005 diesen Mangel, indem der Verlag alle vier Ausgaben in einer neu übersetzten und redigierten Version herausbrachte. Wohlgemerkt 30 Jahre nachdem der Manga in Japan erschien.

In den letzten Jahren ist das Werk von Keiji Nakazawa wieder verstärkt ins Bewusstsein der europäischen Comicleser gerückt, was unter anderem die Auszeichnung "Prix Tournesol" auf dem internationalen Comic-Salon in Angoulême im Jahre 2004 verdeutlicht.

Die SZ veröffentlicht in der vorliegenden Ausgabe nun Band 1 und Band 2 des Antikriegsmangas. Der geordnete Seitenaufbau mit geradliniger Panelaufteilung und die Darstellung der Figuren zeigt große Unterschiede zu den aktuellen Manga-Produktionen. Jemand hat einmal gesagt, dass die heutigen Manga-Leser mit dem Werk von Keiji Nakazawa wenig bis nichts anzufangen wüssten. Optisch kann dieser Aussage sicherlich zugestimmt werden, was auch durch die westliche Leserichtung unterstützt wird. Inhaltlich ist es sicherlich wie überall reine Geschmackssache.

Bereits im Vorwort erklärt Nakazawa, dass der Manga auf seinen Erlebnissen vor, während und nach dem Atombombenabwurf über Hiroshima basiert und durch Erzählungen von anderen Personen ergänzt wird.

Was der Junge Gen in der Story erlebt, dürfte keinen Leser unberührt lassen. Der ständige Hunger, die Diffamierung als Verräter, weil der Vater ein offensiver Kriegsgegner ist, der Verlust der Familie beim A-Bombenabwurf und das allgegenwärtige Elend, gepaart mit Gewalt, dürften jeden Menschen, besonders Kinder, zerbrechen. Da ist es umso bemerkenswerter wie Gen im Laufe des Bandes immer wieder Mut schöpft, sich immer wieder aufrappelt, egal wie tief er in den Dreck getreten wurde und wie er immer wieder ein -teilweise kurioses- Lied schmettert. Ja, Gen scheint ein Held zu sein! Ein Kind zwar, aber durchsetzungsfähiger und resistenter gegenüber dem Elend als manch Erwachsener. Vielleicht ist es aber auch die kindliche Naivität, welche Gen die schrecklichen Kriegsjahre überstehen lässt. Der Leser jedenfalls muss oft angesichts der dargestellten Situationen schlucken und sich zum Weiterlesen zwingen. Barfuss durch Hiroshima ist kein einfacher, oberflächlicher Antikriegs-Comic, es ist eine Autobiographie in Bildern, die keine Details, so schrecklich sie auch sein mögen, ausspart. Der zweite Weltkrieg in Japan bekommt ein Gesicht und zeigt damit, ohne stark ins politische abzudriften, die Auswirkungen der Mobilmachungen auf die normale Stadt- und Landbevölkerung der Insel.

Etwas ungewöhnlich für heutige Verhältnisse ist die dargestellte Gewalt gegenüber Kindern. Es vergeht kaum eine Seite im ersten Band, wo Gen oder sein Bruder nicht eine ordentliche Tracht Prügel bekommen, sei es von ihrem Vater, Polizisten oder Nachbarn. Die Verrohung der Gesellschaft zu Kriegszeiten wird dadurch offensichtlich und trägt sicher auch zur Abstumpfung der Kinder, wie beispielsweise Gen, mit bei.

Die Story fesselt somit von Beginn an, ist stellenweise, vorrangig nach dem Bombenabwurf, sehr hart und schockiert durch eine ungeschönte Darstellung der Verhältnisse unter den Menschen. Hass ist allgegenwärtig! So lesenswert die Ausgabe auch ist, so plötzlich endet sie auch. Leider veröffentlicht die SZ hier nur die ersten beiden Bände von Barfuss durch Hiroshima. Gut, angesichts eines Umfangs von 572 Seiten ist auch diese Ausgabe schon grenzwertig, doch der Leser steht nun etwas verloren auf weitem Feld. Soll er warten bis eventuell in der dritten SZ Graphic Novel Bibliothek die restlichen zwei Bände nachgereicht werden, oder nimmt er mit den Carlsen Ausgaben vorlieb? Angesichts der enormen Spannung, die Keiji Nakazawa in den ersten beiden Bänden aufbaut, wird wohl die zweite Möglichkeit in Betracht gezogen. Dennoch sind auch ohne die letzten beiden Bände, diese Ausgaben lesenswert und vorallem abgeschlossen!

Im schönen Hardcover mit Leseband präsentiert die SZ einen wegweisenden Manga, der auch  aufgrund der westlichen Leserichtung für jeden geeignet ist. Die Erlebnisse der japanischen Bevölkerung vor, während und nach dem Atombombenabwurf quasi aus erster Hand mitzuerleben, ist ein unschätzbares Gut, das seinen Platz im Bücherregal auf jeden Fall sicher hat. Auch wenn der Manga nichts für Zartbesaitete Leser ist, so spiegelt er vollkommen ungeschönt die Realität zu Kriegszeiten wieder. Schade nur, dass zum kompletten Lesegenuss die restlichen beiden Bände (noch) fehlen.

Barfuß durch Hiroshima - Klickt hier für die große Abbildung zur Rezension

Barfuß durch Hiroshima

Autor der Besprechung:
Christian Recklies

Verlag:
Süddeutsche Zeitung GmbH

Preis:
€ 14,90

527 Seiten

Bewertungen unserer Redaktion und unserer Leser

Positiv aufgefallen
  • schockierend, tragisch und äußerst realistisch
  • fesselt von Beginn an
  • Hardcover mit Leseband
Negativ aufgefallen
Die Bewertung unserer Leser für diesen Comic
Bewertung:
1
(1 Stimme)
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Rezension vom: 27.05.2012
Kategorie: SZ Bibliothek Graphic Novels
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