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Comic-Besprechung - Ich habe Adolf Hitler getötet

Geschichten:

Ich habe Adolf Hitler getötet
Autor / Zeichner: Jason
Colorist: Hubert



Story:
In einer Welt, in der es völlig legal ist, einen Auftragskiller zu engagieren, lebt ein in diesem Metier sehr erfolgreicher Mann. Langsam hat er keine Lust mehr auf den Beruf und auch mit seiner Freundin läuft es nicht mehr so richtig. Als ein Wissenschaftler ihn aufsucht und ein großzügiges Angebot unterbreitet, kann er das nicht ablehnen, da  er sich mit dem Geld zur Ruhe setzen könnte. Der Killer soll mit Hilfe einer Zeitmaschine sein Opfer aufsuchen: Adolf Hitler. Er trifft ihn auch, nur geht das Attentat schief. Nicht nur sitzt nun der Killer in der Vergangenheit fest, sondern Hitler gelingt die Flucht in die Zukunft. Kann er aufgehalten werden?



Meinung:

Was für eine Idee! Die Idee wurde natürlich schon mehrmals durchgespielt und ein deutscher Autor hätte sich wohl nicht getraut sie zu schreiben. Dabei ist eine der Grundideen nicht nur in der Populär-Kultur angewandt worden, sondern auch in der Geschichtsforschung, die sich manchmal mit den "Was-wäre-wenn?"-Fragen beschäftigt. Was wäre geschehen, wenn Hitler nicht an die Macht gekommen wäre? Wenn ein frühes Attentat erfolgreich verlaufen wäre? Wenn Deutschland den Krieg gewonnen hätte? Was wäre, wenn es den Zweiten Weltkrieg nie gegeben hätte? Das sind allesamt spannende Fragen, die schon oft die Fantasie anregten. Nicht zuletzt der Roman Vaterland von Robert Harris entwarf ein mögliches Szenario. Im Comicbereich kann man durchaus Rex Mundi, Ich bin Legion und The Life Eaters dazu zählen. Den Norweger Jason hingegen interessiert in Ich habe Adolf Hitler getötet keine geschichtliche oder soziologische Sichtweise, sondern... ja, was eigentlich?

Es ist keine richtig einheitliche Linie zu finden. Weder wird ein Schreckensszenario entworfen, noch eine reine Satire geboten. Kein Science-Fiction, keine Utopie und auch keine Untersuchung gesellschaftlicher Zustände in Form von Unterhaltung. Man schlingert bei der Lektüre oftmals dahin und fragt sich, wann denn nun etwas Essentielles passiert. In der Abkehr von den "Was wäre wenn"-Fragen enttäuscht der Band also in einem gewissem Sinne und man ist sich nicht mehr sicher, was eigentlich bezweckt werden soll. Vielleicht sollte man ihn einfach als kleine surreale Reise wahrnehmen. Eine Welt, wie sie aussehen würde, ohne dass der Zweite Weltkrieg stattgefunden hätte, wird hier nicht entworfen, obwohl das eine Prämisse des Bandes ist. Vor allem, und das ist wohl das Enttäuschendste, wird nicht gezeigt, was Hitler machen würde, wenn er die Möglichkeit gehabt hätte, in die Zukunft zu reisen. Also in unser Jetzt. Wie geht er mit Computern um? Nimmt er Kontakt mit Neonazis auf? Geht er in die Politik? Oder malt er lieber wieder Landschaftsportraits oder Postkarten? Das wäre wirklich neu und spannend gewesen.

Stattdessen wird der Schwerpunkt auf die Jagd nach Hitler gelegt. Oft besteht diese nur darin, dass man an einer Häuserecke herumsteht und auf die Zielperson wartet. Und obwohl der Comic gerade auch durch diese Szenen ziemlich entschleunigt wird, ist er nichtsdestotrotz (und schon fast ironischerweise) recht spannend. Trotz der enttäuschenden Prämissen, die trotz einer Erwartung nicht vorkommen, kann der Band doch gleich mit mehreren guten Ideen aufwarten. Vor allem eine Welt zu entwerfen, in der Auftragsmorde legal sind und wie andere Dienstleistungen auch behandelt werden, ist eine bestechende Idee und man könnte eine ganze Serie daraus machen.

Durch die insgesamt nur recht grob umrissenen Umstände ist die Fantasie des Lesers sehr gefragt und gefordert. Aber es ist wohltuend, wie eben diese Fantasie mal wieder angeregt wird und nicht noch das kleinste Heben von Augenbrauen in einem Off-Kommentar dargelegt wird. Vieles geschieht auf eine subtile Art und Weise. Vor allem die erste Szene ist da wegweisend. Es wird deutlich, dass die Freundin an ihrem Liebhaber, dem Killer, den gefährlichen Aspekt liebt und in ihrem erotischen Monolog setzt sie Tod und Sex gleich. Ihr Kommentar ist rein sexuell, während die zugehörigen Bilder den Akt des Tötens oder dessen Vorbereitung zeigen. Und der imaginierte Orgasmus setzt gleichzeitig mit dem Schuß aus dem Gewehr ein. Und es genügt Jason, mit zwei Paneln und einem einzigen Satz deutlich zu machen, dass der Killer keine Lust mehr hat. Weder auf seine Freundin noch auf seinen Job. Und warum Hitler das Attentat überlebt, ist auch wieder ein hervorragender Gag. Der ganze Band sprudelt über vor Ideen, wobei aber der der große Wurf im Gesamtkonzept nicht gelingt.

Die Zeichnungen von Jason fordern eine starke, aktive Teilnahme des Lesers. Der stark reduzierte Strich in bester Ligne-Claire-Manier lässt viel Freiraum und auch die Mimik der Figuren ist sehr spärlich ausgearbeitet. Aber das erweckt nur auf den ersten Blick den Anschein eines naiven Stils. Denn Jason gelingt es auch in den sanften Szenen, trotz einer fehlenden Mimik, dem Leser Gefühle zu übermitteln. Wobei die Emotionen durch den Betrachter den Figuren zugeschrieben werden und weniger durch den Schöpfer. Jason liefert nur Hinweise. Allein aus dem Kontext holt sich der Leser seine Informationen. Dadurch wird er geradezu zu einem Mitschöpfer, wenn auch nur auf gedankliche Basis. Der Leser nimmt also aktiv an dem Geschehen teil, da er erst die Umstände, die Welt und die Gefühle zum größten Teil mit Leben erfüllt. Und dieser Aspekt ist an dem Band einfach meisterhaft.



Fazit:
Der Band ist ein kleines Faszinosum. Zum einen ist er entäuschend, zum anderen begeisternd. Enttäuschend, weil keine alternative Welt ausgearbeitet wird und keine klare inhaltliche Linie oder Aussage festzustellen ist. Begeisternd, weil er trotzdem viele gute Ideen mit einem sehr trockenen Humor liefert und Text und Bild sich hervorragend ergänzen. Vor allem durch die aktive Teilnahme des Lesers bei der Gestaltung, da er viele Lücken mit seiner Fantasie füllen kann, ist der Band  meisterhaft.

Ich habe Adolf Hitler getötet  - Klickt hier für die große Abbildung zur Rezension

Ich habe Adolf Hitler getötet

Autor der Besprechung:
Jons Marek Schiemann

Verlag:
Reprodukt

Preis:
€ 13,00

ISBN 13:
978-3-941099-95-1

48 Seiten

Bewertungen unserer Redaktion und unserer Leser

Positiv aufgefallen
  • Grundidee
  • aktive Teilnahme des Lesers
  • trockener, gelungener Humor
  • Spannung auch wenn nichts passiert
Negativ aufgefallen
  • der große Entwurf wird vermisst
  • keine klare inhaltliche Linie zu finden
Die Bewertung unserer Leser für diesen Comic
Bewertung:
1
(3 Stimmen)
Bewertung
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Rezension vom: 15.03.2012
Kategorie: One Shots
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