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Comic-Besprechung - Der Incal 1: Der schwarze Incal

Geschichten:

L’Incal Noir

Autor: Alejandro Jodorowsky
Zeichner: Moebius
Farben: Yves Chaland



Story:
Ein Tag fängt nicht gut an, wenn man kopfüber von einer Brücke in einen Säuresee stürzt. Genau dies widerfährt allerdings John Difool, dem Privatdetektiv der Klasse R. Durch die Verkettung mehrerer Umstände ist er in den Besitz des Incals gelangt, einem Artefakt mit sehr viel Macht und vielen, die es begehren. Diese machen dann auch schnell Jagd auf John Difool und bald treibt es den Detektiv von den tiefsten Tiefen der Kanalisation zu den höchsten Höhen des fliegenden Palastes seiner absoluten Orphidität. Und mittendrin muss er auch noch das Geheimnis des Incal entschlüsseln, der jedoch mehr Fragen aufwirft, als er Antworten bekommt.  Recht unbefriedigend für einen Privatdetektiv.


Dieser Comic wurde mit dem Splash-Hit ausgezeichnet Meinung:
Moebius – man braucht den Namen nur zu flüstern und schon wissen Comicleser, seien sie auch nicht frankophil, um wen es sich handelt. Meist kann man daher die Vorstellung damit abschließen, über Moebius müsse nichts mehr gesagt werden. Es ist ja auch wirklich alles gesagt worden über diesen Ausnahmekünstler, der mal eben das Genre Comics anders dachte und revolutionierte. Damit hätte er vermutlich selbst nicht gerechnet, als er bei Assistent bei Jijé anfing. Doch bereits 1963 begann seine Persönlichkeitsspaltung. Als Gir zeichnete er die Serie Leutnant Blueberry, unterzeichnete jedoch zur gleichen Zeit Comic-Geschichten mit seinem später sehr viel bekannteren Namen Moebius. Später folgten die Comics Arzach und Die hermetische Garage unter diesem Pseudonym, die nichts auf Konventionen gaben und vieles von Girauds ungebändigter Phantasie offenbarten.

Es sollte dann nicht verwundern, dass dieses kreative Universum bald auf ein anderes, ebenso vielfältiges stoßen sollte. Der chilenische Filmemacher Alejandro Jodorowsky, der in den 1970ern bereits als Kultregisseur gehandelt wurde, hatte sich einem Mammutprojekt verschrieben. Der filmischen Umsetzung von Frank Herberts Science-Fiction-Saga um den Wüstenplaneten Dune. Die Storyboards hierzu sollte Jean Giraud abliefern oder sollte man hier schon  wieder Moebius sagen? Viele große Namen wurden für Der Wüstenplanet verpflichtet, allein es reichte nicht. Da kreative Energie aber nicht einfach verschwindet, stieß sie später in anderer Form an die Oberfläche. Und so wie H.R.Gigers Dune-Entwürfe in der Alien-Verfilmung von Ridley Scott verwertet werden sollten, so machten sich Jodorowsky und Moebius mit ihren Vorarbeiten an die Geschichte des Incal.

Die Traumqualität der Handlung wurde bereits oft thematisiert und sie ist tatsächlich von der ersten Seite an da. Das Gefühl des Fallens ist ein nicht ungewöhnliches Traummotiv und wurde sicherlich von vielen bereits erfahren. John Difool könnte auf dieses Empfinden sicherlich gut verzichten, wartet doch am Grund ein Säuresee auf ihn. Doch ebenso wie im Traum gebiert sich die Handlung selbst immer die nächste Möglichkeit, wie die Hauptfigur aus brenzligen Situationen entkommen kann. Je öfter dies geschieht, desto aberwitziger scheint sich die Handlung zu entwickeln und aus einem anfänglich kleinen Auftrag für eine höhergestellte Aristo wird plötzlich die verzwickte Jagd etlicher Gruppierungen nach einem mächtigen Artefakt. Dem weißen Incal.

Richtig gehört. Weißer Incal. Folgerichtig existiert dann natürlich auch der titelgebende schwarze Incal, der seinen Auftritt allerdings erst in Band 2 haben wird. Nicht dass die weiße Variante John Difool nicht bereits genug Scherereien macht. Seine geringste Sorge ist die plötzliche Sprachmächtigkeit seines Betonvogels Dipo. Viel gefährlicher ist das plötzliche Engagement des gefährlichen Kriegers genannt der Meta-Baron, der im Auftrage der Königin der Amok den Privatdetektiv Difool fangen soll. All dies ist in eine absurde, oft komische und streckenweise sehr psychedelische Handlung gebetet, die eigentlich zu keinem Zeitpunkt groß vorhersehbar ist, da sie mit traditionellen Erzählmustern nicht viel im Sinn hat. Und diesen Effekt spürt man selbst heute noch, 30 Jahre nach dem erstmaligen Erscheinen.

Überhaupt wirkt die Geschichte um den Incal im Grunde zu keinem Zeitpunkt wirklich altmodisch, auch wenn viele Motive in den Comic-Generationen danach mehr als durchgenudelt wurden. Wen wunderts bei einer Serie die in Kürze Kultstatus erreichte. Die relative Frische des Stoffes resultiert aber wohl auch vornehmlich durch die Zeichnungen von Moebius, die nichts von ihrer kreativen Kraft eingebüßt haben. Detailreich, überdreht, vielseitig. Jean Giraud war damals wirklich ein Meister seines Faches und viele Comic-Schaffende werden von seinen Werken weiterhin inspiriert werden. Manchmal hat man das Gefühl er entwickele seine Zeichnungen in Der Incal ebenso von Augenblick zu Augenblick weiter, wie sich die Handlung in immer größeren Bockssprüngen vorwärts bewegt. So entsteht der Eindruck einer ständigen Gegenwärtigkeit und als würde sich der Comic immer erst mit dem Lesen selbst fortentwickeln.

Fünf Bände werden folgen, dann ist die Geschichte um John Difool und den Incal erst einmal zu Ende erzählt. Doch die Welt des Incal sollte in Jodorowskys Geist schließlich weitere Früchte tragen und Figuren wie der Meta-Baron eigene Serien, Der Incal selbst eine Vor- und Nachgeschichte bekommen. Damit trug er dem Ideenreichtum seiner mit Moebius entwickelten Welt um John Difool Rechnung, auch wenn andere Zeichnergrößen in die Fußstapfen des berühmten Franzosen treten sollten.

Der Incal erscheint jetzt erneut in einer Neuauflage mitsamt seiner originalen Kolorierung, nachdem Ende 2007 bereits eine auf 1.600 Exemplare limitierte Gesamtausgabe bei Ehapa erschienen war. Diese enthielt eine neue Kolorierung, die zwar plastischer und bei den Fans durchaus beliebt war, aber letztlich auch das Kunstwerk Der Incal verfälschte. Bei Da Vinci oder Van Gogh hätte sich das wohl keiner getraut. Aber vielleicht gab ja sogar der Meister selbst seinen Segen. Wer die Abenteuer von John Difool einmal im Original neu oder wieder erleben will, der muss sich die liebevoll hergerichtete Auflage von Splitter holen. Neben einem mehr als ausführlichen Anhang, der viel Auskunft gibt über Jodorowsky, Moebius und das ganze Dune-Projekt, findet sich am Ende des Bandes ein herausnehmbarer Kunstdruck mit einem Motiv aus Der Incal von Moebius. Wieder einmal macht Splitter vor, wie man Alben über dem Standard herausbringt.


Fazit:
Splitter macht mal wieder alles richtig. Ein Kultklassiker in Neuauflage, im Originalgewande und mit ausführlichem Anhang von Jean Annestay. Des schönen Kunstdruckes am Ende hätte es dann fast gar nicht mehr bedurft. John Difool „ermittelt“ wieder und erlebt mit dem Incal das Abenteuer seines Lebens. Der Incal sollte jeder Comicfan, der etwas auf sich hält, in seinem Regal stehen haben.


Der Incal 1: Der schwarze Incal - Klickt hier für die große Abbildung zur Rezension

Der Incal 1: Der schwarze Incal

Autor der Besprechung:
Alexander Smolan

Verlag:
Splitter Verlag

Preis:
€ 15,80

ISBN 10:
978-3-86869-277-8

ISBN 13:
978-3-86869-277-8

64 Seiten

Bewertungen unserer Redaktion und unserer Leser

Positiv aufgefallen
  • Neuauflage eines Klassikers
  • in der originalen Kolorierung
  • mit ausführlichem Anhang und Kunstdruck
Negativ aufgefallen
Die Bewertung unserer Leser für diesen Comic
Bewertung:
1.33
(3 Stimmen)
Bewertung
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Rezension vom: 29.12.2011
Kategorie: Der Incal
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