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Comic-Besprechung - Die Sache mit den Genen - Der Comic über das Geheimnis des Lebens

Geschichten:

Originaltitel: The Stuff of Life. A graphic guide to genetics and DNA

Autor: Mark Schultz; Zeichner: Zander Cannon & Kevin Cannon



Story:

Das Reich der Squinch ist bedroht, bedroht von mangelnder genetischer Vielfalt. Deshalb entsandte es Bloorg 183, einen seiner größten Wissenschaftler, auf die Erde, um hinter das Geheimnis der Vielfalt und Anpassungsfähigkeit ihrer Bewohner zu kommen. Das Ergebnis seiner Forschungen wird dem Herrscher der Squinch dann in aller Fülle präsentiert, wobei für das Volk der Squinch manche Überraschung bereit steht. Aber selbst der geneigte Leser wird das eine oder andere Mal ins Staunen kommen, angesichts der fantastischen Einblicke in die Genetik und darüber hinaus. Und eines wird jedem schnell klar: das Reich der Squinch steht vor umwälzenden Veränderungen.



Dieser Comic wurde mit dem Splash-Hit ausgezeichnet Meinung:

Nachdem das Thema Gene und Vererbung gerade eine unrühmliche Renaissance erlebt, bringt Goldmann das passende Buch auf den Markt, das sich mancher Beteiligte vielleicht vorher hätte anschauen sollen. Da man auch enthüllt bekommt, dass der Mensch mit dem Fadenwurm teils auf Augenhöhe ist, weil dieser sich sexuell fortpflanzt, über vergleichbare Organ- und Nervensysteme verfügt, die Umwelt unter anderem durch Geruchs- und Geschmackssinne wahrnimmt und 40 % seiner Gene mit denen des Menschen übereinstimmen, ist es wohl Zeit für eine neue Bescheidenheit. Und die Zeit der Kontemplation kann man dann gerne mit Die Sache mit den Genen beginnen.

Nach einer kurzen Einleitung zur Frühgeschichte des Planeten Erde und der Entstehung von Leben hält sich der Autor im folgenden Kapitel nicht mehr zurück und geht in die Vollen. Alles, was in der Einleitung überblicksartig präsentiert wurde, wird in den nächsten Kapiteln en detail erklärt. Da hüpfen dann in schneller Folge Nukleotide, Polymerasen, Guanin, Histone, Phosphate und, und, und vor den Augen des Lesers vorbei, während er in die Molekulargeschichte eingeführt wird, nur um dann über die sexuelle Fortpflanzung aufgeklärt zu werden, während Mendel schon die Überleitung in den nächsten Abschnitt vorbereitet.

Dabei geht das Buch vom Kleinen zum Großen. Denn erst, wenn die Grundlagen verstanden sind, begreift man auch die komplexeren Sachverhalte und Vorgänge, die unser heutiges Leben und Fortkommen auf diesem Planeten prägen. Zu der Molekulargeschichte tritt damit auch die genetische Geschichte des Menschen und wie Forscher versuchen anhand der Gene bestimmte Entwicklungen nachzuvollziehen, für deren Existenz keine Nachweise mehr existieren. Zum Beispiel die Frage nach dem Auftauchen der ersten Kleidungsstücke oder welche phänotypischen Anpassungen manche Populationen erst vollziehen mussten, bevor sie einen bestimmten Lebensraum erobern konnten.

Umrahmt und aufgelockert wird alles durch kurze Abstecher auf den Planeten der Squinch. Bloort 183 versucht seinem manchmal etwas begriffsstutzigen König die Entwicklung des Lebens auf der Erde darzustellen. Die Squinch selbst ähneln der irdischen Seegurke und können es eigentlich gar nicht begreifen, dass der Mensch die am höchsten entwickelte Lebensform ist (ungekrönter Herrscher der Erde sind übrigens eigentlich die Bakterien ... es kommt immer auf die Perspektive an). Warum tut sich aber dieses Seegurkenvölkchen nur soviel an Wissen an? Weil es sich aufgrund seiner asexuellen Fortpflanzung durch einfache Duplizierung seiner selbst einer Gefahr gegenüber sieht, die eigentlich nur durch genetische Vielfalt zu überwinden ist. Ein Konzept, welches seiner Majestät von Bloort 183 aber erst einmal mühsam veranschaulicht werden muss. Und wahrscheinlich manchem Leser ebenfalls. Aber Bloort 183 ist der beste Wissenschaftler der Squinch und ein geduldiger, aber auch gründlicher Dozent.

Streckenweise kommen dann wirklich viele Informationen auf einmal, denn auch mit Fachbegriffen wird nicht gegeizt und zwischendrin ist man zum einen froh, dass alles schon einmal in der Schule gehabt zu haben und zum anderen, dass seine Hochwohlgeborenheit, der große König des Squinch-Reiches nicht sehr schnell von Begriff ist und immer wieder nachfragt. Ganz ohne Vorwissen kaut man an manchen Passagen etwas länger rum. Vieles kommt einem vage bekannt vor, aber das alles am Stück präsentiert zu bekommen, muss auch erstmal verdaut werden.

Von der Art der Präsentation könnten sich manche Schulbücher eine Scheibe abschneiden. Die vielen Fakten werden mit einer gehörigen Portion Humor untermalt, sowohl bildlich, als auch im Text. Da wachsen Ribosomeinheiten kleine Ärmchen, um die mRNA zu greifen, die Base Uracil steht unter einer Laterne am Straßenstrich und bietet sich als Ersatz für Thymin an und Richard Nixons Klon regt sich über die Watergate-Affäre seines „Vorgängers“ auf. Überhaupt scheinen alle molekularen Vorgänge belebt und mit einem eigenen Charakter ausgestattet und müssen sich mal widerwillig, mal vergnügt den natürlichen Prozessen beugen. Zwischendurch kommen dann immer wieder ganzseitige Erklärungen, die vor allem die Wissenschaftler beleuchten, die hinter den vielen Entdeckungen stecken oder bestimmte Aspekte ausführlicher behandeln.

Wie schon zu ersehen ist, verfolgt Die Sache mit den Genen keinen strikten didaktischen Anspruch. Es will Wissen unterhaltsam präsentieren, ohne als Lehrbuch daherzukommen. Mit seiner geballten Informationsdichte ist es jedoch nichts zum Zwischendurchlesen oder zum Abschalten. Um wirklich Freude mit dem Comic zu haben, sollte man konzentriert und mit wachem Verstand dabei sein, sonst verliert man trotz hilfreichem Glossar schnell den Überblick. Wobei ein klarer Blick eventuell auch Fehler aufdeckt, wie zum Beispiel bei der Erklärung der Vererbung zweier allelischer Varianten bei einem Erbsenkäfer. Dort heißt es: „Ein runder Carapax (R) ist dominant über einem länglichen Carpax (r), und große Punkte (P) sind dominant über kleine Punkte (p)“. Könnte man jetzt schon die Verwendung des Wortes „über“ statt „gegenüber“ der Übersetzung ankreiden, werden plötzlich in der weiteren Erklärung statt der Buchstaben Pp die Buchstaben Ss für spot gebraucht. Sollte es für den Wechsel eine anderen Grund als einen Übersetzungsfehler geben, so wird dieser jedenfalls nicht genannt. Auch stimmt es wohl nicht, dass das Laktase-Gen, welches dabei hilft, den Laktosezucker in der Milch zu verdauen, bei Säuglingen abgeschaltet ist. Genau umgekehrt wird (auch vom Sinn des Textes her) ein Schuh draus.

Ein wenig zu kurz kommen Fragen und Probleme der Ethik. Sie werden zwar aufgezeigt, allerdings schnell mit den üblichen Argumenten des großen Nutzen für die Menschheit beiseite geschoben. Natürlich kann ein derart konzipierter Comic es nicht leisten, diese Problematik auch noch anzugehen. Aber die Argumente oder Sorgen gegenüber der Gentechnik zumeist als Behinderung oder Einschränkung des Fortschritts hinzustellen, mag manchen als etwas einseitig aufstoßen. Denn eines wird zwischen den Zeilen schnell klar. Es ist vor allem auch der wirtschaftliche Nutzen, der im Vordergrund steht, wenn es um die Entwicklung von Organen aus menschlichen Eizellen oder um die genetische Modifizierung von Nutzpflanzen geht.

Der Autor selbst ist kein Molekularbiologe oder anderweitig mit der Materie verbandelt. Da es kein wissenschaftliches Werk ist, kennt man auch nicht die Quellen, die zu Rate gezogen wurden und kleinere Unausgewogenheiten gerade bei aktuellen Problemstellungen erklären könnten. Mark Schultz ist bekannt für seinen Comic Xenozoic Tales, den er in den 80ern entwickelte. Seit 2004 schreibt er für Prinz Eisenherz und für eine neue Reihe bei DC konzipiert er die ersten Ausgaben von The Spirit. Die nicht verwandten Illustratoren und Zeichner des Bandes, Zander und Kevin Cannon, sind ebenfalls bekannt und haben beide die Fortsetzung zu Alan Moores Top Ten geschrieben. Daneben arbeiteten sie noch an anderen Projekten von America’s Best Comics.

Wem der Kopf zum Schluss nicht genug raucht, kann den Leseempfehlungen am Ende des Comics folgen. Neben einigen Büchern werden auch Zeitschriften und Websites empfohlen, die jede weitere Neugier befriedigen sollten.



Fazit:

Amüsante Reise durch die Welt der Gene, die ein wenig den Vorhang über dem Geheimnis des Lebens lüftet. Von der Aufmachung als Comic sollte man sich nicht täuschen lassen, denn es geht knallhart in die Materie. Die witzigen und liebevollen Zeichnungen sorgen aber dafür, dass der Stoff nicht dröge, sondern spannend und plastisch vermittelt wird. Ein Bild sagt eben manchmal mehr als tausend Worte. Und das auch noch zu einem verdammt günstigen Preis.



Die Sache mit den Genen - Der Comic über das Geheimnis des Lebens - Klickt hier für die große Abbildung zur Rezension

Die Sache mit den Genen - Der Comic über das Geheimnis des Lebens

Autor der Besprechung:
Alexander Smolan

Verlag:
Goldmann

Preis:
€ 9,95

ISBN 13:
978-3-442-15624-5

224 Seiten

Bewertungen unserer Redaktion und unserer Leser

Positiv aufgefallen
  • unterhaltsame Einführung in die Genetik
  • witzige Zeichnungen und humorvolle Erklärungen
  • viel Gehirnnahrung für wenig Geld
Negativ aufgefallen
  • manchmal etwas unkritisch
  • wer früher beim Biologie- und Chemieunterricht gepennt hat, wird wahrscheinlich auch jetzt abschalten
  • kleinere Fehler
Die Bewertung unserer Leser für diesen Comic
Bewertung:
1
(1 Stimme)
Bewertung
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Rezension vom: 08.11.2010
Kategorie: One Shots
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