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„Ein Kleid von Dior“, war das nicht ein komödiantischer Roman von Paul Gallico, der 1991 unter dem Titel „Mrs. Harris“ mit Inge Meisel in der Hauptrolle als Fernsehserie verfilmt wurde? Und ist es tatsächlich diese bieder-heitere Geschichte um eine Putzfrau, die durch ein Kleid von Dior in allerhand Abenteuer gerät, die Annie Goetzinger jüngst als Comic adaptiert hat?
Leider nein. Annie Goetzinger hat mit ihrem „Kleid von Dior“ (frz. „Jeune fille en Dior“) etwas ganz anderes im Sinn. Was das ist, bleibt allerdings bis zuletzt im Dunkeln, und auch die Autorin des Vorwortes – die Schauspielerin Anna Gavalda - schwatzt sich in dieser Hinsicht bedeutungsvoll aus der Affäre (was für ein entsetzlich nichtssagendes Vorwort übrigens). Soll der Comic eine Art Comic-Biographie über Christian Dior sein, der im Comic ja auch seine Rolle spielt? Oder geht es um die Aufsteigerin Clara Nohant, die sich von der klugen, gleichwohl naiven Modejournalistin zum eleganten Dior-Mädchen mausert, die der Chef bei einem Gläschen Champagner in seine intimsten Pläne einweiht? Oder möchte Frau Goetzinger – dritte Möglichkeit – einfach ein paar hübsche Frauen in den 22 Dior-Kollektionen der Jahre 1947 bis 1957 zeichnen und nebenbei ein wenig über die Gepflogenheiten der damaligen Modebranche und die kreativen Abläufe im Hause Dior plaudern, an denen, wie aus allem hervorgeht, ihr Herz hängt?
Das Problem ist, dass es um alles das irgendwie geht, aber
sich daraus bis zuletzt keine gute Geschichte entwickelt. Clara ist ein
klischeehafter, flacher Charakter, ihre liebenswerte Chuzpe gehört mittlerweile
zum Inventar jeder Frauengeschichte, und ihr vorhersehbarer, durch nichts gebremster Aufstieg
in den Pariser Mode-Olymp und die Seite Diors geht einem so nahe wie ein Nähfaden, der sich von
einer Spule wickelt. Dior selbst, der als stiller, zurückgezogener Künstler mit
hyperkorrekten Umgangsformen dem Comic wohl Tiefe verleihen soll, bleibt völlig
blass hinter dem Nebel aus Weihrauch, mit dem die Autorin ihn umgibt; er ist wie
Clark Kent ohne Superman und also als Figur sterbenslangweilig.Mein Gott ja, das ist es: Diesem Comic fehlt der Bösewicht, fehlen die Dämonen, gegen die dieser unerträglich wohlanständige Dior mit Nadel und Zwirn antritt. Was bringt einen überhaupt dazu, Mode zu machen? Welche seelischen Abgründe sollen da mit den bunten, schillernden Stoffen verhängt werden? Dafür hat Goetzinger - leider - kein Interesse.
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