Portrait - Warren Ellis
Was hat Warren Ellis mit Alan Moore gemeinsam ? 3 Sachen. Beide stammen
aus dem Reich von Fish&Chips, Lady Di &Charles, Beatles&Sex
Pistols, ihr Erscheinungsbild ist von einer Friseurphobie bestimmt und
beide haben den Ruf, extrem abgefahrene Comicautoren zu sein.
Aber wie brachte es Ellis zu diesen Ruf, der die Verkaufszahlen seiner Comics automatisch in die Höhe treibt ?
Der 1968 in England geborene Ellis verbrachte eine unbekannte Schul-und
Berufslaufbahn und legte Anfang der Neunziger mit seinem unvollendeten
Cyperpunkcomic "Lazarus Churchyard" den Grundstein seiner Comickarriere.
Ab Ende 93 war Ellis für MARVEL tätig und produzierte Fließbandstories
für Serien, deren Namen und Charaktere in Deutschland nur
eingefleischten Marvelisten was sagen, z.B. Druid, Hellstorm, Doom2099.
Seine Geschichten fielen durch einen, für Marvel, ungewohnten Zynismus
auf. Seine Helden waren keine sauberen Strahlemänner, sondern Menschen,
welche mit ihren Superkräften "irgendwie" die Welt retten mussten und
sich dabei nicht viel um Ethik kümmerten. Bekannt sind die von ihm
geschriebenen Hefte (Nr. 26-39) in der DOOM 2099 Serie, welche
ungewöhnlich politisch waren.
1996 wechselte er zu Images´s WILDSTORM, schrieb die ersten 6 Hefte von
DV8 (ein Spin-Off von GEN13) und übernahm das Superheldenteam
Stormwatch und verpasste ihm seinen politischen Anstrich.
Der grosse Durchbruch kam 1997 mit der SF-Serie Transmetropolitan. Eine
zynischer Zukunftscocktail einer vor Drogen, Gewalt, Sex und allen
erdenklichen Sünden und geistigen Verfehlungen überkochenden Stadt, in
der sich der Journalist Spider Jerusalem mit Politikern, Medien und
sich selbst rumschlägt. Für einfältige Moralisten sind die ständigen
Überschreitungen der Geschmacksgrenze in Wort und Bild ein gefundenes
Fressen, ohne dabei zu registrieren, dass Ellis mit seiner
Zukunftsvision eine Kritik an der bestehenden Gegenwart abliefert.
Seine Definition der Serie: "TRANSMETROPOLITAN ist ein Versuch Science
Fiction etwas zurückzugeben, was dort in den Neunzigern größtenteils
nicht vorhanden war, nämlich gutes altmodisches politisches Bewußtsein.
Science Fiction, zumindest in Großbritannien, war immer tief verbunden
mit sozialer Fiktion, sozusagen die Zukunft als ein Hilfsmittel zu
benutzen, um die Gegenwart zu untersuchen" (SPLASH Interview)
Ein wichtiges Vorbild für die Figur Spider Jerusalem war der
Schriftsteller Hunter S. Thompson, ( Fear and Lothin in Las Vegas,
verfilmt mit Jhonny Depp), der Erfinder des "Gonzo-Journalismus".
"Gonzo-Journalismus" lehnt eine distanzierte, sachlich-objektive
Berichterstattung ab und steht für eine subjektive Darstellung der
Ereignisse mit einen starken Ich-Bezug.
Mit einen Erfolg wie "Transmetropolitan" ändert sich natürlich das
Verhältnis von Autor und Verlag. Ellis konnte nun verstärkt seine
eigenen Vorstellungen ohne Vorgaben vom Verlag verwirklichen. Ellis
startete für Image Stormwatch Vol.2, die Weiterentwicklung Authority
und Planetary. Die Filmrechte an der Serie Planetary hat sich Warner
Bros gesichert, was aber noch keine Garantie für die Umsetzung einer
Realserie ist.
Neben "Mainstream-Arbeiten" für Image und Marvel veröffentlicht Ellis
auch bei kleineren Independentverlagen wie z.B. die dreiteilige
Horrorstory "Strange Kiss" bei Avatar Press. Eine weiteres Projekt für
Avatar Press ist die 3-teilige Serie "Dark Blue".
Die künstlerische Freiheit ist für Ellis ein sehr wichtiger Faktor und
so lässt Image ihm auch vollkommen freie Hand für seine Comicprojekte
"Ministry of Space", "Morning Dragon" und "City of Silence". Ellis
möchte das Comicmedium revolutionieren und durch neue Inhalte für neue
Lesergruppen öffnen. Ob sich seine revolutionären Bestrebungen nur auf
dem Comicsektor beschränken, darf aufgrund einer Serie wie
Transmetropolitan durchaus gefragt werden.
Mit seiner Arbeit als Comicautor ist Ellis noch nicht ausgelastet
genug, er schreibt eine Online-Kolumne (Bad World), war an dem Konzept
für das Computerspiel "Hostile Waters" tätig, macht Kurz-Animationfilme
und neben seiner normalen Homepage gibt es seit Februar 2001 eine
zweite namens "Strange Machine", wo er seiner Schreibader freien Lauf
lässt und Kurzgeschichten, Essays von ihm zu lesen sind. Sei neuster
Streich ist ein Vertrag mit MTV, wo er ein Konzept für eine
SF-Zeichentrickserie entwickeln soll.
Falls der Lebensstil von Warren Ellis etwas gesünder ist, als der von
seinem Helden Spider Jerusalem ,dann werden wir wohl noch viele Jahre
etwas von diesem kreativen Tausendsassa hören.
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