Nimm das Adolf! - Bericht zur Ausstellung "Zweiter Weltkrieg im Comic"

Nimm das Adolf! – Noch bis 15. März 2020teaser

Im kleinen aber feinen Schauraum in Dortmund – direkt gegenüber des Hauptbahnhofes gelegen und damit sehr gut zu erreichen – läuft derzeit eine der bemerkenswertesten Comic-Ausstellungen der letzten Zeit. „Nimm das Adolf – Zweiter Weltkrieg im Comic“ widmet sich der Auseinandersetzung der Neunten Kunst mit einer der größten Katastrophen im 20. Jahrhundert. Noch bis zum 15. März 2020 ist die Ausstellung in Dortmund zu sehen. Kuratiert wurde die Zusammenstellung von Dr. Alexander Braun, der sich bereits bei anderen Ausstellungen einen exzellenten Namen gemacht hat (beispielsweise „Going West“ etc.)

In rund 100 seltene zumeist bis heute noch nie ausgestellte Originalzeichnungen und Dokumente aus den USA, Belgien, Italien und Deutschland legt Braun das Verhältnis von Politik zu Comic, Propaganda zu Comic und Massenmedium zu Krieg dar. Die Schau reicht von Hergé bis zu Supermann. Braun blickt auf Milton Carniff, Frank King, aber auch Spirou und die Zeichnergeneration, die die Schrecken des Zweiten Weltkrieges nur aus Erzählungen kennt.

Eindrucksvoll fand ich die Annäherung an die Zeichner. Beispielsweise wurde sehr schön der „Problemfall“ Hergé herausgearbeitet. Harmloser Zeichner oder Kolaborateur – diese Frage stellt sich die Forschung bis heute. Und auch die Ausstellung in Dortmund kann hier natürlich keine endgültigen Antworten liefern. Aber es wird sehr eindrucksvoll und verständlich der Problemkreis umrissen.

Sehr schön ist auch der kurze Film mit Donald Duck, der von Nazis gezwungen wird, als Kriegsgefangener, an der Waffenproduktion teilzunehmen. Er muss die Spitze von Geschossen festschrauben, die auf einem Fließband an ihm vorbeilaufen. Immer wieder muss er seine Arbeit unterbrechen, weil eine Fotographie von Adolf Hitler auf dem Fließband erscheint, die er mit einem „Heil Hitler“ zu begrüßen hat. Der permanente Wechsel von Schrauben und Grüßen bringt den Wüterich wie zu erwarten war schnell aus der Fassung.

Noch tiefer – und bei Braun schon fast in gewohnt umfangreicher und erstklassiger Weise – nimmt sich der Ausstellungskatalog dieses Themas an. Achtung: Der Katalog ist ausschließlich vor Ort im Schauraum Dortmund erhältlich und kostet 20 Euro. Dafür erhält der Käufer aber eine umfassende Monographie zum Thema. Auf 225 großformatigen Seiten hebt Braun so manchen Schatz aus dem Verborgenen. So etwa einen mir unbekannten Artikel aus der NS-Hetzschrift „Das schwarze Korps“ vom 25. April 1940. Unter der Überschrift „Jerry Siegel greift ein“ entwerfen die Propagandisten ein Bild, in dem der Jude Siegel fasziniert scheint vom Erwachen des Deutschen Reiches und seinen männlichen Tugenden. Diese aber – es wird auch ausdrücklich der „Übermensch“ genannt – saugt er nicht nur auf, sondern kehrt sie in Form seines „Supermans“ gegen Deutschland.

Ein eigenes Kapitel ist auch dem Verlagshaus Dupuis und den Zeichnern der Marcinelle-Schule gewidmet. Braun spannt dabei den Bogen von den ersten Problemen mit der Propagandaabteilung in Belgien, bis hin zu den aktuellen Spirou-Geschichten von Emil Bravo. Eindrücklich macht Braun klar, mit welchen Problemen Verlagshäuser im besetzten Belgien zu kämpfen hatten und wie sie stets versuchten die Überwachung durch den Apparat der Nazis zu entgehen.

Der Katalog steckt voller so kleiner Schmuckstücke. Beeindruckend ist auch die hohe Druckqualität, die nach meinem Empfinden das ganze publizistische Werk von Braun durchzieht. Auf Nachfrage hat Braun bestätigt, dass es keine Fortsetzung der Ausstellung geben wird. Nur noch bis zum 15. März besteht also Gelegenheit.


Infos + Flyer zur Ausstellung