Professor Bell: Der Mexikaner mit den zwei Köpfen - Gratis Comic Tag 2011

Professor Bell: Der Mexikaner mit den zwei Köpfen - Gratis Comic Tag 2011

Professor Bell: Der Mexikaner mit den zwei Köpfen - Gratis Comic Tag 2011

Story:

Edinburgh, Ende des 19. Jahrhunderts. Der schottische Chirurg, Kinder- und Militärarzt Bell bekommt Besuch von einem mehr als ungewöhnlichen Patienten. Der wohlhabende Pascual Pinon hat ein ernstes Problem: auf seiner Stirn befindet sich ein zweiter, kleinerer Kopf. Diesen soll Professor Bell entfernen. Da er das Überleben des Mexikaners nicht garantieren kann, lehnt er dessen Wunsch ab.

Nur wenig später wird die Leiche eines Mannes mit zwei Köpfen entdeckt. Bei näherer Betrachtung entpuppt sich der zweite Kopf als Attrappe und die Leiche als der Bruder von Bell. Dessen Freund Inspektor Oskar Mazock, genannt „Humpty Dumpty“, nimmt sich dem mysteriösen Fall auf.

Es stellt sich heraus, dass Pascual Pinon in einem abgelegenen Schloss eine dubiose Nervenheilanstalt führt, die ausschließlich Frauen als Patienten aufnimmt. In dem Gemäuer treiben sich jedoch noch andere Gestalten herum: die Kinder von Pinon, die eigentlich tot sind, und ein ängstliches und neurotisches Gespenst namens Eliphas.

Um dem Rätsel des zweiten Kopfes auf die Spur zu kommen, beschließt Bell, den Mexikaner trotz der Risiken chirurgisch zu entfernen. Doch auch die Meinung von Pinon hat sich geändert. Er möchte sein zusätzliches Gesicht, das Tote wieder lebendig machen kann, behalten.




Meinung:

Ein paar Jahre war es still um Professor Bell. Der Affenkönig, der dritte Band der Serie, erschien 2008. Jetzt legt Avant endlich das vierte Album in deutscher Sprache vor und widmet seinen Beitrag zum Gratis-Comic-Tag 2011 ebenfalls dem bemerkenswerten Phantastik-Krimi aus der Gedankenschmiede von Joann Sfar.

Es gibt Comics, die kann man immer wieder lesen. Das sind zum einen die zeitlosen Klassiker, die man schon als Kind verschlungen hat, und zum anderen, moderne Geschichten im Klassikergewand, die eine besondere Güte und Klasse haben, wie beispielsweise Professor Bell.

Der Franzose Joann Sfar gilt schon seit geraumer Zeit als „moderner Wilder“. Als sein Stern Ende der 1990er Jahre aufging, machte er sich sehr schnell einen Ruf als bahnbrechender Autor und Zeichner. Seine Geschichten und Dialoge haben das gewisse Etwas, das fesselt und unterhält, und seine Zeichnungen, die stellenweise etwas gekritzelt aussehen, verraten ein gutes Gespür für Bildaufteilung und filmische Abläufe.

Das Werk von Sfar ist in relativ kurzer Zeit gewaltig angewachsen, da er nicht nur zeichnet, sondern auch für andere Künstler die Geschichten schreibt. Die Serie Professor Bell, die Sfar in Alleinregie erstellt, nur unterstützt durch die Kolorierung von  Brigitte Findakly, debütierte 1999 in Frankreich. Inzwischen liegen fünf Alben vor.

Joseph Bell, den von Sfar ausgesuchten Protagonisten der Serie, gab es wirklich. Der schottische Arzt war die Inspiration für Arthur Conan Doyles Sherlock Holmes. Das Setting im viktorianischen Edinburgh, gepaart mit Elementen des Detektivromans und Versatzstücken aus der phantastischen Literatur, machen die Geschichten von Professor Bell höchst interessant. Neben dem zu lösenden Kriminalfall sind es die kuriosen und bizarren Charaktere, die Sfar auftreten lässt. Bells Kumpel Humpty Dumpty mit seiner fetten Statur und dem Glatzkopf, die geistig gestörte Célia, in die sich nicht nur Pinon, sondern auch Bell verliebt, das neurotische Schlossgespenst Eliphar, das keine Lust mehr hat zu spuken, und natürlich der Mexikaner mit den zwei Köpfen und seine toten Kinder, sorgen für faszinierenden Lesestoff.

Sfars fahriger Strich und die atmosphärische Kolorierung sorgen für ein eigenständiges Lesegefühl. Der traditionelle Leser franko-belgischer Comics dürfte seine bevorzugte Lektüre nicht beim Avant Verlag suchen und auch durch den eher nervösen Zeichenstil abgeschreckt werden, aber hier lohnt sich ein zweiter Blick, denn Professor Bell ist letztlich ganz großes Kino. Gleich nach den ersten Seiten merkt man, dass man es mit einem ganz besonders guten Comic zu tun hat. Und wenn man die letzte Seite gelesen hat, ist man regelrecht angefixt von der Welt des Professor Bell.



Fazit:

Das Fazit fällt leicht: Der Mexikaner mit den zwei Köpfen ist ein phänomenal guter Auftaktband für eine tolle Serie. Professor Bell ist allen Fans von Detektivgeschichten und Phantastischer Literatur wärmstens zu empfehlen. Spannend, feinsinnig und etwas gruselig. Ein moderner Klassiker, der in keiner gut sortierten Comic-Sammlung fehlen darf. Die richtigen Alben sind auf einem schweren, dicken Papier gedruckt. Da sollte man nach diesem Heft gleich weiterlesen.