Forever - Gratis Comic Tag 2010

Forever - Gratis Comic Tag 2010

Forever - Gratis Comic Tag 2010

Story:
Vier deutsche Zeichner beschäftigen sich auf ganz unterschiedliche Weise mit dem Thema "forever", also "für immer". Uli Oesterle erzählt von einem zynischen Arschloch, der einen Tätowierer um seinen Lohn prellt, indem er ihn einfach überfährt. Aber Tatoos sind bekanntlich "für immer", und dieses ganz besonders...

Isabel Kreitz belauscht einen Junkie und einen Säufer im Bus, denen der Wert des Lebens – des eigenen oder fremden Lebens – längst abhanden gekommen ist, leider absehbar "für immer". Reinhard Kleist illustriert "Hung my head" von Sting in der Fassung von Johnny Cash, wo dem Protagonisten auch ein wenig erstrebenswertes Schicksal "für immer" bevorsteht.

Christian Moser erläutert dem Leser unter den "Monstern des Alltags" die "sam-mel-lei-den-schaft", die sich am liebsten in Comicläden, Antiquariaten oder Comicbörsen aufhält und die dort erworbenen Schätzchen am liebsten "für immer" vor jeder Verschlechterung des Zustands und Sammlerwertes bewahren würde. Die Comics zu lesen käme nie in Frage. Ähnlichkeiten mit manchen Zeitgenossen natürlich ganz zufällig und völlig unbeabsichtigt. Und Flix widmet sich der alten Frage, wer oder was eigentlich "Mädchen" sind – ein Rätsel, das die männliche Hälfte der Bevölkerung wohl "für immer" beschäftigen wird.

Meinung:
Viele der Comics für den Gratis-Comic-Tag sind Übersetzungen aus anderen Ländern und Kontinenten. Aber auch in Deutschland gibt es sehr gute Comickünstler, und dieses Heft versammelt vier davon. Uli Oesterle legt mit dem titelgebenden "Forever" eine klassische Horrorgeschichte vor: Der Unsympath bekommt seine Strafe, die Schandtat wird gerächt, wenn auch nicht unbedingt im Sinne des deutschen Strafgesetzbuchs. Isabel Kreitz wirft in "Metrobus" einen Blick darauf, was Alkohol und andere Drogen aus Menschen machen können. Erschreckend dabei ist vor allem, wie selbstverständlich und offenbar ohne weitere Konsequenzen die Welt die erzählten Geschehnisse hinnimmt. Damit bildet diese Geschichte einen direkten Kontrast zu Uli Oesterles Beitrag – die Tat wird hier eben nicht gerächt.

Sehr irdische Rache (oder doch nicht?) findet die Tat in Reinhard Kleists Geschichte "Hung my head". Kleists Zeichnungen sind ebenso zurückhaltend wie Cashs Gesang und erzählen doch die ganze Geschichte. Christian Moser gibt dem Monster der "sam-mel-lei-den-schaft" einer ganz besonderen Sorte Comicfans einen freundschaftlichen Knuff mit.

Und Flix zeigt ein weiteres Mal, warum der Begriff "Comiczeichner" eigentlich zu kurz greift. Denn Comickünstler zeichnen ja nicht nur, sie erzählen auch, schreiben Dialoge, sie sind auch Autoren. Und gerade die Dialoge sorgen bei Flix' "Mädchenexperte" dafür, dass der Leser vor Lachen in der sprichwörtlichen Ecke liegt. Beispielsweise stuft er Frauen aus kreationistischer Sicht als "sprechende Rippchen" ein, natürlich nur um gleich nachzuschieben, dass Mädchen real gesehen wunderschön sind, und zwar alle und immer. Außer sie tragen ihre Jeans in die Stiefel gestopft. Das soll nicht heißen, dass Flix nicht zeichnen könnte, aber die eigentlichen Highlights bei seinen Arbeiten, hier und anderswo, sind eher die Texte.

Wer sich also einen Eindruck von Comics aus deutscher Produktion verschaffen möchte, sollte am Gratis-Comic-Tag (unter anderem) dieses Heft mitnehmen. Es lohnt sich.

Fazit:
Fünf deutsche Zeichner zeigen die Bandbreite, die Comics aus heimischen Gefilden bieten können. Von der klassischen Horrorstory bis zum alten "Wie ticken eigentlich Mädchen?"-Problem dürfte für jeden Geschmack etwas dabei sein.