toonfish - Wir fragen, Splitter antwortet

Splitter sorgt mit neuem Cartoon-Imprint für Furore

Es ist fast schon eine liebgewonnene, wenn auch für manche nervenzerfetzende, Tradition: rund zwei Mal im Jahr steckt man bei Splitter die Köpfe zusammen und heckt etwas ganz Besonderes aus.

Dann kommt die große Zeit des Splitter-Vorhangs. Im Verlagsforum und per Newsletter wird der Link zu einer Seite mit einem Vorhang platziert. Ein Countdown von einer Woche beginnt. Jeden Tag um Mitternacht wird ein mehr oder minder kryptischer Hinweis gegeben, der etwas Licht ins Dunkel bringen soll. Allerdings findet die Erhellung in der Regel nicht statt, denn die Informationen wirken so klärend, es ist als ob Dirk Schulz mit einer Taschenfunzel wedelt und gleichzeitig Horst Gotta mit einer überdimensionierten Nebelkanone alles wieder einräuchert.

Die Collector’s Edition von Hermanns und Gregs Comanche wurde auf diese Weise verkündet, ebenso wie die Re-Edition von Bourgeons Reisende im Wind. Zuletzt gab es einen Doppelvorgang mit Matthias Schultheiss‘ Die Reise mit Bill und Jodorowskys und Theos Der schreckliche Papst. Jetzt im August setzte man noch eine Schippe drauf. Von neuen Wegen und Formaten war die Rede. Die Spekulationen im Splitter-Forum schossen ins Kraut: Splitter lanciert ein neues Magazin, Splitter kauft einen anderen Verlag oder macht Apps fürs iPad. Was für ein Heidenspaß für die Splitter-Crew, was für eine Qual für manchen Fan.

Seit 17. August 2010, 0:00 Uhr, ist es raus: toonfish. Ein neues Cartoon-Label. Den Start machen Bilderwitze über Blondinen und komische Grafiken vom Schweizer Erfolgszeichner Zep (Titeuf). Splitter und Cartoons. Ja, passt das überhaupt? Muss es gar nicht, denn toonfish hat seine Wurzeln zwar im Nährboden von Splitter, aber es wird als eigenständiges Imprint aufgebaut. Zum Launch gibt es gleich die fertige Homepage und die Bestellmöglichkeit im toonfish-Shop. Die Präsentation ist vorbildlich, denn es gibt außerdem bereits Beiwerk wie Leseproben, ein Interview mit Zep oder Pressestimmen aus Frankreich, die gewohnte ganzheitliche Professionalität eben.

Da die ausgebufften Macher der Splitter Verlags wieder frei reden können, stellte Matthias Hofmann für Splashcomics die ersten Fragen. Rede und Antwort standen Horst Gotta, Dirk Schulz und Dominik Madecki.

Nachfolgend eine Leseprobe aus BLONDINEN Band 1 von Gaby und Dzack.

(c) 2010 Splitter Verlag

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Wann, wem und wo kam die Idee zu dem neuen Label?

SPLITTER: Die Idee, mit einem separaten Label in den Funny-Bereich einzusteigen, arbeitete schon seit einiger Zeit in unseren Köpfen. Es war halt ein längerer Prozess des Überlegens, des Aufgreifens und letztlich des Reifens einer - wie wir finden - guten Idee.

Am Anfang stand da, soweit wir uns entsinnen können, das Nachdenken über die Erschließung von neuen Vertriebswegen für Comics in Deutschland. Der Gemeinplatz, dass Deutschland hinsichtlich Comics im Vergleich zu Frankreich immer noch ein bisschen ein Entwicklungsland ist, bewahrheitet sich ja leider immer noch ganz unmittelbar, wenn man einfach mal in den Buchhandel geht und zwischen den Regalen schließlich die kleine Nische mit den Comics findet.

Das Label toonfish bietet hier natürlich eine ganz andere Massenkompatibilität, als man sie mit den Genre-Alben erreichen kann.
Im Sammler-/Genre-Alben-Bereich sind wir mittlerweile sehr breit aufgestellt und möchten nicht nur uns, sondern dem gesamten deutschen Comicmarkt durch einen solchen Schritt natürlich auch verstärkt neue Märkte erschließen. Letztlich wird der Erfolg des neuen Labels auch dem Splitter-Programm und den Sammlern und Genre-Lesern und -Fans zu Gute kommen.


Wieso „toonfish“? Ich wusste die Info zwar schon ein paar Tage früher, habe aber im Netz nichts dazu googeln können, was gepasst hat.


SPLITTER: Anfang des Jahres haben wir mit Jo Kaps von Tokyopop zusammengesessen und über Vertriebswege und die strategische Ausrichtung beider Verlage gesprochen. Als wir dann auf ein neues Cartoon-Imprint zu sprechen kamen, planten wir zunächst, dieses vertrieblich mit Tokyopop/PPM zusammen laufen zu lassen. Allerdings kam für Tokyopop dann die Einführung des Labels "Edition Ankama" dazwischen, so dass wir in dem Bereich dann doch nicht zusammen auftraten.

Zur Namensfindung: Wir saßen, wie gesagt, mit Jo zusammen, der uns besucht hatte und grübelten die ganze Nacht nach möglichen Namen für das Label. Irgendwann schlug dann einfach jemand "toonfish" vor, was von Anfang an allen gefiel und, zack, hatte unser neues Baby einen Namen.
Letztlich ist der Name "toonfish" natürlich nicht mehr und nicht weniger als ein Wortspiel - aber ein recht lustiges, wie wir finden.
Außerdem transportiert es über den Namen gleichzeitig eine Information zur Verlagsausrichtung.


Wer zum Henker soll das alles produzieren? Sprich: betreut ihr das Label selber und kommen neue Leute an Bord?


SPLITTER: Ja, es sind natürlich, teilweise schon seit einiger Zeit, neue Leute mit an Bord gekommen. So haben wir mit Dominik Madecki seit ein paar Monaten einen neuen Mitarbeiter im Splitter-Team, der sich neben der Lektoratsarbeit auch um Marketing-Maßnahmen, sowohl für Splitter als jetzt eben auch für toonfish, kümmert.

Außerdem sind mehrere Freiberufler zu nennen, wie Bernd Kronsbein und Sven Jachmann, mit denen wir schon seit längerer Zeit zusammenarbeiten und die unsere Arbeit für toonfish jetzt ebenfalls unterstützen.


Wen habt ihr als Hauptzielgruppe ausgemacht?

SPLITTER: Als Zielgruppe für die toonfish-Bände kommt letztlich jeder in Frage, der guten Humor in Cartoon-Form schätzt. Wir haben uns mit dem Label vorgenommen, einfach gute Funnies auf den Markt zu bringen, die durch ihre Qualität und ihren charmanten Humor überzeugen. Gleich mit unserem Start-Programm nehmen wir ja auch zentrale Dinge des Lebens auf unkonventionell direkte Art und Weise aufs Korn, wie eben Sex, Beziehungskisten und Rockkonzerte - alles Bereiche, in denen Menschen aufeinandertreffen und in deren vermeintlicher Alltäglichkeit sich oft die komischsten Situationen ergeben.



Kommen alle sechs Bände zur Buchmesse? Oder nur Zep?


SPLITTER: Zur Buchmesse vorliegen werden: Happy Sex 17,5, Happy Sex 18 und Blondinen Band 1.


Was die Hardcore-Fans brennend interessiert: Für das Label ist doch sicher eine Klassiker-Abteilung geplant (Stichwort: Peyo)? Ähem.


SPLITTER: Wir stehen zu diesem Zeitpunkt natürlich noch ganz am Anfang mit dem Label, haben programmtechnisch da jetzt ja auch erstmal ein volles Paket für unsere Leser geschnürt, das einige Monate ausreicht. Wie schon bei Splitter ist es natürlich auch hier unsere Geschäftspolitik, guten und - speziell in diesem Fall - besonders lustigen Sachen sehr aufgeschlossen gegenüberzustehen und zu schauen, dass wir weiterhin so tolle Cartoons wie jetzt z.B. mit Zep und Gaby & Dzack auf den deutschen Markt bringen können, die ja ihre Qualität - mit mittlerweile millionenfachem Verkauf - in Frankreich unter Beweis gestellt haben.

Wir danken für die Antworten und wünschen Euch weiterhin viel Erfolg und dem neuen Imprint einen guten Start!